Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung zeichnet Vereinsarbeit als Projekt mit Vorbildcharakter aus

Karoxbostel. Dem Betriebsgebäude der Wassermühle im Seevetaler Gemeindeteil Karoxbostel droht 119 Jahre nach ihrer Fertigstellung ein schnelles Ende. Schneeflocken rieseln derzeit vom Himmel durch mehrere etwa einen Quadratmeter große Löcher im Reetdach direkt ins Innere. Die Feuchtigkeit macht den historischen Balken zu schaffen, die den Dachstuhl tragen. "Es ist wichtig, dass wir den Raum schnell oben dichtkriegen", sagt Franz Rosenkranz. Der 66 Jahre alte Müllermeister erklärt bereits Besuchern der Moisburger Wassermühle, wie aus Korn Mehl entsteht. In spätestens fünf Jahren möchte er auch Gästen in Karoxbostel sein Handwerk präsentieren. Die in den kommenden Wochen geplanten Sanierungsarbeiten durch spezialisierte Dachdecker sind ein entscheidender Schritt dorthin.

Wie berichtet, hat sich im Februar ein Verein gegründet, der das unter Denkmalschutz stehende Ensemble aus Mühlenhaus, Wohngebäude und Sägerei erhalten möchte. Nach dem Tod des alleinstehenden Eigentümers August-Wilhelm Denecke vor einem Jahr übernahmen die inzwischen 350 Mitglieder um Vereinsvorsitzende Emily Weede zunächst Aufräumarbeiten. Gefunden haben sie dabei neben Dokumenten der Mühlen- und Familiengeschichte auch einen Oldtimer und historische Silbermünzen mit hohem Sammlerwert.

Um die insgesamt etwa 90.000 Euro teure Dachsanierung zu finanzieren, sind aber Zuschüsse notwendig. Mehr als die Hälfte de Geldes kommt von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung, die ein Zehntel ihres Fördervolumens an ehrenamtliche Initiativen der Denkmalpflege gibt. Die Karoxbosteler Mühle wurde bei einer Feierstunde mit knapp 50 Gästen am Donnerstagmorgen zudem als Projekt des Monats ausgezeichnet, weil es ein gutes Vorbild für ähnliche Kulturdenkmäler sei.

"In diesen Gemäuern wird Geschichte lebendig", sagt Klaus Püttmann, Oberkonservator des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. "Es ist ein Glücksfall, dass das Ensemble so vollständig erhalten ist." Zusammen mit den dort entdeckten Mühlenbüchern und Maschinen sei es eine Fundgrube für die volkskundliche und technikgeschichtliche Forschung. Neben Wissenschaftlern können nach Abschluss der Dachsanierung auch Hobbyhistoriker und Kulturinteressierte die Mühle entdecken.

Am 9. April 2013 dient die leer geräumte Diele des Haupthauses an der Karoxbosteler Chaussee zunächst als Konzertbühne. Als Veranstaltung in der Reihe Kultursommer gibt es eine Lesung des Romans Krabat von Otfried Preußler, in dem ein Müllermeister seine Knappen die Schwarzen Künste lehrt. Und auch eine 2013 geplante Sonderproduktion des Hamburger Thalia Theaters setzt auf die unheimliche Atmosphäre in der alten Mühle.