Der Berliner Kabarettist Gerald Wolf gibt einen satirischen Jahresrückblick im Buxtehuder Kulturforum - und zusätzlich ein Interview.

Buxtehude. Wulff geht, Gauck kommt, der Berliner Flughafen ist immer noch nicht fertig und Lance Armstrong war praktisch permanent gedopt. Satirisch betrachtet war 2012 ein erfolgreiches Jahr. Das findet zumindest der Berliner Kabarettist Gerald Wolf. Zum vierten Mal in Folge ist er derzeit bundesweit mit seinem satirischen Jahresrückblick unterwegs. Am Sonnabend ist er zu Gast in Buxtehude. Vorab ließ er das Jahr im Interview schon mal kurz Revue passieren.

Hamburger Abendblatt: Herr Wolf, ihr satirischer Jahresrückblick trägt den Titel "Na det war wieda 'n Jahr". Was erwartet die Besucher?

Gerald Wolf: Ich werde die wichtigsten Ereignisse des Jahres gebührend durch den Kakao ziehen. Sei es die NSU-Affäre, also die Geschichte um die Neonazis, oder die Debatte über das Gedicht von Günther Grass. Es wird Sport geben, natürlich zur Europameisterschaft, aber auch zur überraschenden Enttarnung von Lance Armstrongs Doping-Vergangenheit. All das verpackt in einer Mischung aus Stegreif, Lästersongs und Parodien.

Damit sind Sie bereits zum vierten Mal unterwegs. Hat man nach so vielen Jahren irgendwann das Gefühl alles wiederholt sich, oder gibt es jedes Jahr genügend neue Skandale?

Wolf: Beides. Der von mir sehr geschätzte Kollege Volker Pispers nennt sein Kabarett-Programm "Bis Neulich" und macht schon durch den Titel deutlich, wie sich die Ereignisse und Politikstrategien gleichen. Andererseits gibt es jedes Jahr neue Überraschungen. Eigentlich findet man jeden Tag etwas in der Zeitung. Hier zum Beispiel: "Eine Stadt sucht keinen Mörder - New York erlebt einen Tag ohne jedes Gewaltverbrechen". Das ist auch schon wieder Stoff.

Das heißt Zeitungen sind für Sie eine wichtige Quelle?

Wolf: Ja, ich gucke täglich sämtliche Zeitungen durch, von ganz rechts bis ganz links, und notiere mir Schlagzeilen. Einerseits für mein aktuelles Programm und andererseits ist das gleichzeitig mein Fundus für den Jahresrückblick.

Bei welchem Thema haben Sie 2012 besonders mit dem Kopf geschüttelt?

Wolf: Der Berliner Flughafen, wo gestern gerade die neue Schlagzeile kam, dass mal wieder 250 Millionen in den Sand gesetzt wurden. Da kann ich nur der Berliner Morgenpost zustimmen, die geschrieben hat "Berlin ist, wenn man auch ohne Flughafen rausfliegt". Hertha halt.

Und was hat Sie besonders bewegt?

Wolf: Die Entwicklung in Griechenland. Die Herabstufung und, man kann schon sagen, Verelendung der Bevölkerung. Da kippen Kinder in der Schule um, weil sie nicht genug zu essen haben, und Eltern geben sie in SOS-Dörfern ab. Das ist schon eine gravierende Politik, die ich nicht nur im Kabarett verarbeite, sondern gegen die ich mich teilweise auch politisch engagiere.

Sie sind studierter Politikwissenschaftler. Macht politisches Kabarett Ihnen deswegen am meisten Spaß?

Wolf: Auf jeden Fall. Die Märkische Allgemeine Zeitung hat über mich mal geschrieben "Wolf ist politisches Kabarett". Ich habe einen deutlichen politischen Anspruch, und ich möchte die Leute intelligent amüsieren.

Über wen machen Sie in Ihrem Programm denn noch lustig?

Wolf: Wulff natürlich. Er ist der erste satirische Bundespräsident seit Heinrich dem Lustigen. Erst versprach er alles zu veröffentlichen, und als Journalisten ihn drauf aufmerksam machten, dass noch etwas fehlte, sagte er "alles heißt doch nicht das Ganze".

Und die Herdprämie?

Wolf: Dazu gibt es in meinem Programm ein kleines Preisrätsel. Die, die reich sind, benötigen sie nicht, bekommen sie aber trotzdem. Die, die auf zwei Jobs angewiesen sind, können sie nicht gebrauchen. Und diejenigen, die sie gebrauchen könnten, weil sie arm sind, bekommen sie nicht, weil ihre Leistungen mit anderen Leistungen verrechnet werden. Das ist die Herdprämie.

Wenn Sie jemanden treffen würden, der 2012 im Dornröschenschlaf war, wie würden Sie ihm das Jahr umreißen?

Wolf: Ich würde ihn damit wach küssen, das Bayern München wieder nicht Meister geworden ist. Spätestens bei Gauck wird er putzmunter. Und wenn er erfährt, dass die deutsche Polizei zu Fahndungszwecken Hellseher einsetzt, stünden ihm die Haare zu Berge. Dann muss man schon Steinmeier bemühen, um ihn wieder einzuschläfern.

Was würden Sie sich für 2013 wünschen?

Wolf: Unsere Gesellschaft ist unglaublich reich. In einem, wie ich es empfinde, immer härteren Konkurrenzkampf zwischen den Menschen um Arbeitsplätze sollte man vielleicht mal darüber nachdenken, Grenzen einzuziehen und so etwas wie ein Grundeinkommen einzurichten. Außerdem würde ich mir wünschen, dass man Menschen, die bei uns Asyl beantragen, die elementaren Menschenrechte garantiert. Und dass Hertha BSC mal wieder aufsteigt.

Und was wird 2013 tatsächlich passieren?

Wolf: Nichts Gutes. Aber für die Satire sicher viel Anregendes!

Gerald Wolf ist am 15. Dezember im Buxtehuder Kulturforum zu Gast. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr, Karten kosten 13 Euro und sind an der Abendkasse erhältlich.