Der SPD-Chef im Kreis Harburg, Frank Richter, sieht sich nach seiner Niederlage im Rennen gegen Metin Hakverdi nicht beschädigt.

Harburg. Auch wenn SPD-Kreis-Chef Frank Richter gerade knapp die Wahl zum Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Harburg-Bergedorf und Wilhelmsburg gegen Metin Hakverdi (SPD) aus Wilhelmsburg verloren hat, genießt der Harburger Jurist offensichtlich wieder mehr Rückhalt in seinem SPD-Kreisverband. Anfang des Jahres hatte Richter nur knapp die Wiederwahl zum Kreischef gewonnen. Obwohl er offensichtlich seitdem seine Position wieder stärken konnte, hat es doch nicht zur Bundestagskandidatur gereicht. In Harburg gehen einige SPD-Mitglieder davon aus, dass die Mehrheit der Harburger Delegierten ihre Stimme ihrem Kreischef gegeben haben. Im zweiten Wahlgang erhielt Richter 70 Stimmen.

Der Wilhelmsburger Bürgerschaftsabgeordnete Metin Hakverdi (SPD) dürfte allerdings, so ein Insider, gerade im Harburger Osten und in Heimfeld Richter die Gefolgschaft abgegraben haben und erfolgreich auf Stimmenfang gegangen sein. Hinter den Kulissen, so ein SPD-Mitglied, war vor der Wahl "ziemliches Hauen und Stechen. Da sind einige Pöstchen und Positionen als Gegenleistung für die Delegiertenstimme bei der Kandidatenkür versprochen worden. Ob diese Versprechen am Ende des Tages auch gehalten werden können, ist eine andere Frage". Am Ende hatte Hakverdi drei Stimmen mehr als Richter.

Während für Metin Hakverdi jetzt ein anstrengender Wahlkampf bevorsteht, muss Richter erst mal seine Niederlage verarbeiten. "Ich bin nach wie vor enttäuscht, dass es nicht geklappt hat. Aber ich werte dieses Ergebnis keineswegs als mangelnden Rückhalt aus meinem Kreisverband", so Richter. 150 Delegierte sollten abstimmen. Drei Bergedorfer SPD-Delegierte seien erst gar nicht zu der Wahl erschienen, hieß es am Rande des Wahlabends am Freitag vergangener Woche. Vier Delegierte aus den Distrikten enthielten sich der Stimme. "Das ist ein unmögliches Verhalten, sich zum Delegierten aufstellen zu lassen und dann nicht zu wählen. Es haben sich drei Kandidaten zur Wahl gestellt, die Delegierten hatten also die Auswahl", so Harald Muras, ehemaliger Kreisvorsitzende der Harburger SPD. Richter habe, so Muras, ein "respektables Ergebnis erzielt", aber der Kandidat Hakverdi sei in einem "demokratisch einwandfreien Prozess" aufgestellt worden, so Muras weiter. Die Harburger SPD werde jetzt Hakverdi unterstützen. "In einer Demokratie muss man mit den Wahlergebnissen leben."

Hakverdi soll nun also in die Fußstapfen des SPD-Bundestagsabgeordneten Ulrich Klose treten. Klose will zur nächsten Bundestagswahl 2013 nicht mehr antreten und hinterlässt damit den Sozialdemokraten seines Wahlkreises die schwere Aufgabe, einen adäquaten Kandidaten ins Rennen zu schicken. "Ich freue mich über das mir ausgesprochene Vertrauen der Delegierten. Ich werde alles dafür tun, um diesen Wahlkreis zu gewinnen. Es ist ein anspruchsvoller Wahlkreis, und ich als Kandidat werde für alle in Harburg, Wilhelmsburg und Bergedorf gleichermaßen da sein. Die Schwerpunkte des Wahlkampfes in Harburg werden die Themen Wohnungsbau, Verkehr, Stadtentwicklung und die Energiewende sein", sagt Metin Hakverdi.

Schon am nächsten Tag war der frisch gebackene Bundestagskandidat zur Weihnachtsfeier des SPD-Distrikts Harburg-Ost eingeladen. Die Einladung kam von dem Distriktvorsitzenden Torsten Fuß, SPD-Fraktionsmitglied der Harburger Bezirksversammlung. Viele SPD-Genossen attestieren Metin Hakverdi ein publikumswirksames Auftreten. Frank Richter, so ein SPD-Mitglied, fehle es etwas daran, "sich selbst in Szene setzen zu können".

Eine Sache aber, so vermuten einige Sozialdemokraten in Harburg, könnte dem Wilhelmsburger Hakverdi in seinem Wahlkampf doch noch gefährlich werden: Seine Beteiligung an der Ciftlik-Affäre im Frühjahr 2010. Hakverdis Parteifreund und Fraktionskollege Bülent Ciftlik stand vor dem Hamburger Amtsgericht wegen des Vorwurfs, eine Scheinehe vermittelt zu haben. Metin Hakverdi war in den Strudel der Ermittlungen geraten, weil er damals Nicole D. und Kenan T. zur Absicherung ihrer Scheinehe rechtlich beraten haben soll. Die Ermittlungen wurden wegen "geringer Beihilfeschuld" ad acta gelegt. Eine klassische Einstellung des Verfahrens war das nicht.

"Metin Hakverdi ist für uns ein echter Glücksbringer." So lautet der Kommentar eines Harburger CDU-Politikers zur Kandidatenkür der SPD für die Bundestagswahl 2013. Nach Auffassung der Christdemokraten sind die Chancen Hakverdis eher gering, sich als Bundestagskandidat für den Wahlkreis Harburg-Bergedorf und Wilhelmsburg durchzusetzen. Er werde, so der Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Harburg, Ralf-Dieter Fischer, es vor allem "in den bürgerlich geprägten Stadtteilen Harburgs und Bergedorfs schwer haben, Fuß zu fassen".