Die CDU hat noch nie ein Harburger Bundestagsmandat gewonnen. 2013 soll das anders werden – mit Herlind Gundelach?

Harburg. Für Harburgs Genossen geht es ums Ganze bei der Bundestagswahl im September 2013. Verlieren sie nach 63 Jahren zum ersten Mal ihren Wahlkreis 024 Bergedorf-Harburg? Oder schafft es die SPD, einen Direktkandidaten von Hans-Ulrich Kloses Format für die Landesliste aufzustellen. Bislang jedenfalls sieht es nicht danach aus, und Teile der Harburger CDU wittern bereits Morgenluft. "Es könnte uns tatsächlich gelingen, bei dieser Bundestagswahl der SPD das Direktmandat für den Wahlkreis Harburg-Bergedorf abspenstig zu machen", sagt ein Mitglied des Harburger CDU-Kreisverbandes. Die Christdemokraten müssen nur noch den richtigen Joker ziehen und einen eigenen attraktiven Direktkandidaten auf den Schild heben.

In diesem Zusammenhang dürfte der Blick auf die Gästeliste des jüngsten Herrenabends im Hotel Lindtner etwas Aufschluss geben. Da taucht der Name der ehemaligen CDU-Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Herlind Gundelach aus Wilhelmsburg, auf. Im CDU-Senat leitete Gundelach von 2008 bis 2011 die Behörde für Wissenschaft und Forschung. Ihre Einladung zu dem gesellschaftlichen Ereignis des Harburger Wirtschaftsvereins, eine traditionell CDU-nahe Vereinigung, könnte ein Zeichen dafür sein, wohin bei der CDU die Reise geht. "Ich bin vor einiger Zeit gefragt worden, ob ich als Kandidatin antreten würde und habe meine prinzipielle Bereitschaft dazu geäußert. Die Gespräche aber laufen noch, und mehr möchte ich dazu jetzt nicht sagen", so die ehemalige auf Anfrage des Abendblatts.

Zur ersten Bundestagswahl 1949 war Herbert Wehner als Direktkandidat der SPD im damaligen Wahlkreis Harburg angetreten, 1983 löste Klose Wehner ab und holte seitdem das Direktmandat für den Bundestag. Im Jahr 2002 wurden Harburg, Wilhelmsburg und Bergedorf zu einem Wahlkreis 023 zusammengeführt. Am Freitagabend haben nun 150 Delegierte aus 16 SPD-Distrikten zwischen drei Kandidaten die Auswahl. Der SPD-Kreisvorsitzende in Harburg, Frank Richter, Ingo Egloff aus Bramfeld und Metin Hakverdi aus Wilhelmsburg wollen nach Berlin und stellen sich dem Votum der Delegierten.

Die CDU will laut ihrem zweiten stellvertretenden Kreisvorsitzenden Rainer Bliefernicht für ihre eigene Kandidatenkür abwarten, welche Entscheidung die SPD trifft. "Die Karten werden neu gemischt, und wir haben reelle Chancen, das Direktmandat in Harburg bei der kommenden Bundestagswahl zu holen", meint Bliefernicht. Man werde einen "respektablen Gegenkandidaten" aufstellen. Auch wenn sich Bliefernicht offiziell nicht festlegen lassen will. Hinter den Kulissen ist längst klar: Der Gegenkandidat soll eine Frau werden. Der Kreisvorstand, so Bliefernicht, werde sich Sonntagabend treffen und sich auf einen Wahlvorschlag einigen.

Der Wahlvorschlag wird dann den Mitgliedern der sechs Harburger CDU-Ortsverbände zur Abstimmung vorgelegt. Einen Gegenkandidaten aus Bergedorf werde es, so ein CDU-Mitglied, nicht geben. Während bei der SPD die aus den einzelnen Distrikten entsendeten Delegierten über die Kandidatur für die Bundestagswahl abstimmen, kann im CDU-Kreisverband jedes Mitglied der sechs Ortsverbände abstimmen. Im Optimalfall wären das rund 300 Christdemokraten.

Auf SPD-Seite werden dem Bramfelder Egloff parteiintern die geringsten Chancen ausgerechnet, als Direktkandidat aufgestellt zu werden. Dabei steht für den Bramfelder viel auf dem Spiel. Egloff kämpft um sein politische Überleben in Berlin. Den Wahlkreis Wandsbek beansprucht Aydan Özous (SPD), Ehefrau des SPD-Innensenators Michael Neumann, für sich. Egloffs Hoffnung, in Bergedorf, dem Bezirk ohne eigenen Kandidaten, Land zu gewinnen, scheint nicht aufgegangen zu sein. Und in Harburg und Wilhelmsburg hatte Egloff nie ernsthafte Chancen gegen Hakverdi oder Richter.

Der Wirtschaftspolitiker und Sozialdemokrat Egloff, so die Einschätzung einiger Sozialdemokraten südlich der Elbe, "ist in Harburg ein Nobody". Als Hardliner in Sachen Elbvertiefung, als der sich Egloff geoutet hat, hat sich noch kein Politiker in Wilhelmsburg und Süderelbe Freunde gemacht, egal welcher Parteicouleur. "Wenn die Fahrrinnenanpassung nicht zu verhindern ist, soll sie doch wenigstens vernünftig gemacht werden, sonst saufen wir ab. Und das wissen auch alle, die hier leben", sagt Sören Schinkel. Schinkel ist Moorburger, Beisitzer im SPD-Kreisvorstand und Abgeordneter der Harburger Bezirksversammlung.

Insider jedenfalls rechnen damit, dass es zwischen Richter und Hakverdi in einem zweiten Wahldurchgang zu einem Kopf an Kopf Rennen kommt. Wobei Metin Hakverdi immer noch seine Verwicklung in die Scheinehe-Affäre um den damaligen SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Bülent Ciftlik im Jahr 2010 nachhängt. Gegen den Wilhelmsburger Juristen wurde damals von der Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt. SPD-Kreisvorsitzender Frank Richter dürfte da mehr Vertrauen bei den Sozialdemokraten genießen.