Unfallchirurg Hermann Savary ist einer der besten Drechsler weit und breit. Außer Skulpturen fertigt er auch Schüsseln und Dosen.

Buchholz. Wenn Hermann Savary von seinen Reisen in ferne Länder zurückkehrt, finden sich in seinem Gepäck selten Souvenirs, dafür aber fast immer - Holzstücke. Je älter, härter und seltener, desto besser. Holz ist für Savary zu einer Passion geworden. Die den Buchholzer zu einem der besten Drechsler der Republik gemacht hat.

Dabei ist der 70-Jährige von Hause aus Mediziner. Bis 2007 war er leitender Unfallchirurg am Krankenhaus seiner Heimatstadt. Und anschließend noch fünf Jahre Teamarzt der Hockeycracks des Clubs an der Alster. Ein feines Händchen zur Behandlung besonders komplizierter Brüche wurde ihm im Beruf oft bescheinigt. Vermutlich lag es deshalb nahe, sich einem Hobby zu widmen, das ebenso viel Fingerspitzengefühl erfordert.

"Holz ist ein wunderbarer, lebendiger Werkstoff", schwärmt Savary. Jede Sorte habe ihre eigene Farbigkeit, eine eigene Struktur: "Das macht auch die Kombination verschiedener Hölzer so reizvoll, es entsteht immer etwas Einzigartiges, Unwiederholbares." Dazu gehören natürlich Skulpturen. Aber auch Teller und Schalen, Schüsseln und Dosen mit einem hohen Gebrauchswert. Die sehen nicht nur edel aus, man fasst sie auch gern an. Selbst wenn sie Ecken und Kanten haben.

Für die hohe Qualität sorgt auch Savarys Ehefrau Marianne. "Sie ist meine härteste Kritikerin. Was vor ihren Augen bestehen kann, das kommt garantiert auch bei den Käufern gut an", sagt Savary. Der allerdings rein gar nichts von Auftragswerken hält: "Das widerspricht einfach meiner Arbeitsweise." Er gehe nie mit einem festen Plan ans Werk, die Inspiration entstehe durch den Augenblick. "Wenn ich über die Hölzer streiche, Maserung, Struktur und Farbe betrachte, entsteht die Idee für das nächste Stück. Das Holz bestimmt, was aus ihm wird", so Savary.

Die besondere Magie, die von diesem Handwerk ausgeht, spürt er früh. Während seines Medizinstudiums begibt sich der angehende Chirurg 1963 auf eine dreimonatige Griechenland-Tour. In der Hafenstadt Mytilini auf Lesbos darf er einem Drechsler über die Schulter schauen, der Olivenholz verarbeitet. Savary ist sofort fasziniert. Zumal er sich rasch selbst an einer ersten Schale versuchen darf. Die Erinnerung an dieses Erlebnis soll ihn nicht mehr loslassen. Und wie es der Zufall will, trifft er während seines Arztpraktikums im Krankenhaus Buchholz auf einen ehemaligen Drechslergesellen, der dort als Stationspfleger tätig ist. Von ihm bekommt Savary eine alte Drechselbank und fachmännische Anleitung.

Doch die reicht ihm nicht. Fortan lässt er keine Gelegenheit aus, sich fortzubilden. In seinen Urlauben reist er zu renommierten Drechslermeistern wie dem Engländer Ray Key, dem Franzosen Jean Escoulen, dem Norweger Petter Herud oder der nationalen Größe Hans Weißflog. Savary darf bei Gesellenprüfungen und Meisterkursen hospitieren und bringt es darüber selbst zu anerkannter Meisterschaft. Dass ihm 2004 sogar ein mehrseitiges Porträt im englischen Fachmagazin "Woodturning" gewidmet wird, darf durchaus als Ritterschlag gewertet werden.

Der Keller seines Hauses in Buchholz hat sich längst in eine professionelle Drechslerwerkstatt verwandelt. Dort stehen gleich drei Drehbänke. Die beiden großen stammen selbstredend aus England. "Wo das Drechslerhandwerk noch heute einen deutlich höheren Stellenwert hat als in Deutschland", wie Savary zu berichten weiß.

Fast ebenso stolz ist er auf die beiden Nebenräume mit dem Holzlager, seiner ganz persönlichen Schatzkammer. Dort lagern mehr als 50 verschiedene Holzarten. Schottische Eibe ebenso wie African Blackwood oder Cocobolo, feinstes Edelholz von der mexikanischen Pazifikküste. Aber auch bläulich schimmernde Mooreiche, die vor einigen Monaten bei Dessau aus dem Elbschlick gezogen wurde. Savary: "Experten haben das Alter auf 400 bis 500 Jahre vor Christus geschätzt, davon musste ich mir einfach ein Stück besorgen. Mit Zinn kombiniert, lassen sich aus ihr außergewöhnliche Stücke herstellen."

Die Drechslerei ist für Savary derweil weit mehr als nur ein Hobby mit meditativer Note. In seiner Amtszeit als Präsident des Rotary-Clubs Hamburg-Harburg hat er durch die Versteigerung seiner Kunstwerke fast 3000 Euro für ein Kita-Projekt im kenianischen Pundo aufgebracht. Insgesamt haben die Rotarier unter seiner Regie sogar rund 20 000 Euro in das ostafrikanische Land überwiesen, wo inzwischen auch eine Volksschule mit drei Klassen aufgebaut wurde, samt Sanitärtrakt und Zisterne. So findet Savarys in seiner Holzveredlung nicht nur Ausgleich und Entspannung, sie kommt auch noch einem noblen Zweck zugute.