Die Stadt Buchholz hilft Schülern, ihre Leistungsdefizite abzubauen. Der Landkreis Harburg spricht von vorbildlichem Projekt.

Buchholz. Deutsch und Englisch, das sind die Fächer, die bei Daniel einfach nicht richtig flutschen wollen. Der 14 Jahre alte Heideschüler sitzt an diesem Nachmittag im kleinen Lehrraum des Buchholzer Integrationsbüros und geht mit Jutta Deide-Lüchow das Referat durch, das er im Deutschunterricht halten muss. Über die Wüste soll er berichten, die Fakten sollen stimmen und die Grammatik sowieso. Doch für Daniel, der einen polnischen Vater hat, ist die deutsche Sprache keine Selbstverständlichkeit. "Es geht einfach nicht so gut", sagt er und zuckt entschuldigend die Achseln.

Sätze wie diese sind für die Mitarbeiter des Integrationsbüros keine Seltenheit. Ihre Arbeit setzt genau dort an. 15 Haupt- und Ehrenamtliche sowie Honorarkräfte kümmern sich seit 20 Jahren darum, dass kein Kind in der Stadt auf der Strecke bleibt - zumindest ist das der Anspruch. Dass die Arbeit der Buchholzer Einrichtung eine Sonderstellung im Landkreis Harburg einnimmt und im jüngsten Bericht der Leitstelle für Integration als "gelungenes Beispiel für bedarfsgerechte örtliche Integrationsarbeit" und besonders vorbildlich bezeichnet wurde, dürfte für sie Grund zum Ansporn sein, den Weg weiterzugehen.

"Wir sehen uns als Vernetzungsstelle zu den Schulen, zum Jugendamt und zu den Familien", sagt Leiterin Anja Pährisch. Schwerpunkt der Arbeit, die die Stadt mit circa 55 000 Euro pro Jahr unterstützt, ist die Sprachförderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus sogenannten sozial schwachen Familien. "Darunter sind auch einige Kinder deutscher Eltern, die die Sprache eigentlich beherrschen müssten, aber dennoch Defizite haben." Außerdem steht die Hilfe bei Hausaufgaben und in den Hauptfächern Mathe, Deutsch und Englisch auf der Tagesordnung.

Aktuell nehmen 64 Kinder von Klasse eins bis zu den Schulabgangsklassen an der Förderung teil, Mädchen und Jungen aller Schularten und sogar ein Abiturient. Da das Schülerförderprojekt in der jetzigen Form seit rund zehn Jahren läuft, gibt es eine kleine Bilanz, welche Schulabschlüsse die Jugendlichen am Ende geschafft haben. Von 85 angeschriebenen Ehemaligen hätten sich zwar nicht alle zurückgemeldet, sagt Anja Pährisch. Aber von denen, die sich meldeten, erwarben 13 den Haupt- und elf den Realschulabschluss, zehn machten Abitur. Und einer gar keinen Abschluss. "Viele sagen uns noch Jahre später: ,Ohne euch hätte ich das nicht geschafft.'"

Dennoch weiß die studierte Germanistin, dass sich Erfolge in der sprachlichen Integration nicht von allein einstellen. "Es gibt einige Kinder, die wir einfach nicht erreichen." Immer wieder kommt es vor, dass Kinder und Jugendliche nicht zur zweimal wöchentlich auf 50 Minuten angesetzten Förderstunde erscheinen. Vor Beginn der Förderung spricht die Leiterin deshalb intensiv mit den Eltern der Schüler und erklärt ihnen die Chancen, die die freiwillige Leistung der Stadt ihrem Kind bietet. Auf diese Weise will sie sicherstellen, dass die Unterstützung der Eltern da ist und sie die Verantwortung für Erziehung und Bildung nicht an öffentliche Einrichtungen abgeben, sondern selbst daran mitwirken. "Nach einem halben Jahr gibt es ein Zeugnisgespräch, in dem wir den Erfolg überprüfen", sagt sie. Dabei wird nicht nur auf rein fachliche Dinge geachtet, sondern beispielsweise auch darauf, wie ordentlich oder pünktlich der Jugendliche ist.

Bei der Förderung geht das Integrationsbüro auf das Alter und den Kenntnisstand der Schüler ein. Die Lerngruppen sind auf bis zu vier Teilnehmer beschränkt, damit diese sich besser konzentrieren können. Die Herkunftsländer der Mädchen und Jungen muten wie eine Reise durch die ganze Welt an: Afghanistan, Thailand, Kolumbien, baltische Länder, in jüngster Zeit vermehrt Polen, Portugal und Spanien. "Etwa zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen leben schon länger in Deutschland, der Rest ist hier ganz neu." Dementsprechend wird bei der Förderung in Deutsch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache unterschieden.

Das Angebot des Integrationsbüros sei eine Ergänzung zur Arbeit der Schulen, die wiederum noch einmal Extra-Förderangebote hätten, sagt Alfred Baum, Leiter des Fachdienstes Jugend und Soziales der Stadt Buchholz. Manchmal meldeten sich Schulen bei ihnen, wenn sie es selbst nicht mehr schafften, manchmal meldeten sich auch die Eltern direkt. "Je eher die Förderung beginnt, desto besser ist es für das Kind", benennt Baum die generelle Faustregel des Sprachenlernens. Vor dem Hintergrund, dass sich bereits nach der vierten Klasse entscheidet, auf welche weiterführende Schule das Kind geht, könne man gar nicht früh genug anfangen. Das Integrationsbüro konzentriert sich deshalb vor allem auf die Schulanfänger, wenngleich auch viele ältere Kinder Hilfe brauchen.

Die Zahlen der vergangenen Jahre belegen, dass der Bedarf in Buchholz auf jeden Fall da ist: Waren es im Jahr 2008 noch 48 Schüler, die die Förderung nutzten, stieg die Zahl 2009 auf 53, 2010 auf 61 und ein Jahr später auf 69. In diesem Jahr könnten zu den derzeit 64 Schülern noch weitere dazukommen, sodass am Ende dieses Jahres um die 70 Mädchen und Jungen gefördert werden. Der Großteil der Kinder sei bis zu zwei Jahre bei ihnen, sagt Anja Pährisch.