Eine Glosse von Michael Schick

Ich weiß ja, dass der November grau ist, ein ganz fieser Monat, eigentlich der schlimmste unter den zwölf. Aber müssen mir meine Mitmenschen diese Theorie auch noch ständig beweisen? Gesenkte Köpfe auf den Fußwegen, die Hände in den Jacken- und Manteltaschen vergraben, die Mundwinkel sind nach unten gefallen, die Kommunikation ist eingefroren oder beschränkt sich auf Gejammer über das Wetter. Selbst der sonst so redselige Nachbar nickt nur kurz und fasst die Gemütslage knapp zusammen: November eben.

Am Schreibtisch ist es zwar warm, die Stimmung aber auch nicht besser als draußen. Die Kollegen im Nebenzimmer machen sich ausschließlich durch regelmäßiges, leicht röchelndes Husten oder explosives Niesen bemerkbar. Man teilt dem anderen mit, dass die Nase mal wieder läuft, der Kopf brummt, man kaum geschlafen hat, fürchterlich erschöpft ist, und es morgens so spät hell und abends so früh dunkel wird. Ach ja, es ist schon schlimm. Spätestens um 14 Uhr setzt allgemeines Gähnen ein.

Auch ich habe damit zu kämpfen. Doch wenn ich zu Hause bin, verfliegt der Trübsinn. Die Hunde kommen angerannt, wedeln freudig mit dem Schwanz, wollen gestreichelt werden, Gassi gehen. Volle Vitalität voraus. Warum die beiden immun sind gegen das gesamtgesellschaftliche Mattigkeitsphänomen, weiß ich nicht. Ist auch egal, denn: Es geht doch. Man muss nur wollen. Ab morgen hat der November-Blues bei mir ausgespielt.