Eine Glosse von Birgit Jaklitsch

Die erste Liebe. Ich erinnere mich gut. Das erste Augenklimpern, rote Wangen, Schmetterlinge im Bauch, Händchen halten, ein verschämter Kuss. Aber dann: die erste Abfuhr, ein Schlag in den Magen, Tränen, Herzschmerz. Ich dachte, ich sei durch mit dem Thema. Ich liebe meinen Mann, wir haben zwei wundervolle Töchter. Ich bin angekommen.

Aber jetzt hat meine kleine Tochter, genannt Motte, Liebeskummer: schlimm, gewaltig, gigantisch. Denn wer mit elf Jahren liebt, liebt bedingungslos. "Er hat Luise lieber als mich", sagt sie schluchzend. Sie sieht elend aus. Sie so leiden zu sehen, ist schmerzhaft. Ich fühle mich hilflos. Mottes Augen sagen: Mach, dass alles wieder gut wird Mami. Möchte ich ja gern, aber wie?

Mir muss doch jetzt etwas Schlaues einfallen. Tut es aber nicht. "Nicht weinen, der Chris ist doch gar nicht so toll", wage ich einen ungeschickten Versuch. "Jetzt mach aber mal einen Punkt", sagt Motte entrüstet. Sie schnäuzt sich die Nase, blickt mich vorwurfsvoll an. Ich halte vorerst den Mund, nehme sie in den Arm, trockne ihre Tränen. Immer wieder. Dann gibt es eine heiße Schokolade, eine Wärmflasche und ein Küsschen.

Ich sage ihr, dass es nicht an ihr liegt, wenn der Chris einen so merkwürdigen Geschmack hat und dass er sie dann auch nicht verdient habe. Sicher, das ist nicht ganz fair. Aber wenn ihre Kinder verletzt werden, dürfen Mütter mal Partei ergreifen. Motte entwickelt unterdessen ihre eigene Strategie. Sie ruft Luise an. "Die soll mal wissen, wie schlecht es mir geht. Schließlich ist sie ja eigentlich meine Freundin."