Jury entscheidet sich für interaktives Ausstellungskonzept im Wilhelmsburger Flakbunker

Wilhelmsburg. Das geplante Dokumentationszentrum auf dem Dach des Flakbunkers in Wilhelmsburg, dem zukünftigen Energiebunker, nimmt Gestalt an: Eine Jury hat sich am Mittwochabend für den Entwurf des Stuttgarter Büros der HG Merz Architekten Museumsgestalter entschieden. Das Konzept sieht vor, dass die Besucher die Geschichten des Bunkers an etwa 20 an den Wänden befestigten interaktiven Würfeln aus Edelstahl erfahren. Texte, Fotos und kurze Filmchen können sie vor den Edelstahlboxen auf ihr Smartphone herunterladen.

Das minimalistische Konzept der bekannten Ausstellungsgestalter aus Stuttgart sieht Fotos und kurze Texttafeln nur auf den etwa 30 mal 30 Zentimeter großen Würfeln vor, die von der Bunkerarchitektur inspiriert sind. Besucher, die liebe den konventionellen Weg durch die Ausstellung gehen möchten, können die Apps in gedruckter Form in einer Broschüre nachlesen. Mitarbeiter des geplanten Cafés im Flakbunker betreuen die Ausstellung. Bei ihnen sollen sich Besucher des Dokumentationszentrums auch Smartphones gegen ein Pfand ausleihen können, um die Ausstellung zu erleben. Als Betreiber des Cafés hat die Gesellschaft Internationale Bauausstellung (IBA) Hamburg die Pferdestall Kultur GmbH, die mehrere Cafés und Musikclubs in Hamburg betreut.

Das Büro HG Merz wurde 1981 in Stuttgart gegründet und betreibt seit 1993 auch ein Büro in Berlin. Das Stuttgarter Büro ist auf die Ausstellungs- und Museumsgestaltung spezilaisiert, die Berliner Niederlassung widmet sich den Umbauten und Erweiterungen historisch bedeutender Gebäude. Für die Ausstellungsgestaltung des Tirol Panorama in Innsbruck ist das Unternehmen vor kurzem mit dem German Design Award ausgezeichnet worden.

Die Jury, die am Mittwochabend im IBA-Dock auf der Veddel zusammengekommen ist, setzt sich aus Vertretern der IBA, der Finanzbehörde, der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg in der Honigfabrik, Anwohnern und Architekten zusammen.

Für den Entwurf hat auch Margret Markert von der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg gestimmt. Ihr kommt nun die schwierige Aufgabe zu, unter Zeitdruck bis zur geplanten Eröffnung des Dokumentationszentrums im März 2013 die interaktiven Boxen mit Inhalten zu füllen. Beim Lesen des jeweils von einem Würfel heruntergeladenen Textes soll der Ausstellungsbesucher höchstens dreimal auf seinem Handy blättern müssen.

Das bedeutet: Um die Geschichten um den Bunker und der Menschen in seiner Nachbarschaft erzählen zu können, hat Margret Markert nur wenig Platz - etwa eine Din-A4-Seite pro Würfel. Vier Jahre Forschung muss die Leiterin der Geschichtswerkstatt auf 20 Din-A4-Seiten komprimieren. An den 20 Ausstellungswürfeln erfahren Besucher Erkenntnisse über die Psychologie der Bunkerarchitektur, wie die Luftabwehr funktionierte, warum das nationalsozialistische Regime Kinder zu Flakhelfern ausgebildet hat oder wie der Kriegsalltag in Wilhelmsburg ausgesehen hat. Vier Jahre Forschung und Recherchen der Geschichtswerkstatt auf 20 Kurztexte zu komprimieren - viele Erkenntnisse würden verloren gehen. "Das wäre bedauerlich", sagt Margret Markert, " wir haben so viel Material, dass wir Romane erzählen könnten." Sie appelliert an die IBA, doch noch einen Katalog herauszugeben. Bei der Jury-Sitzung soll IBA-Geschäftsführer Uli Hellweg aber erklärt haben, dass kein Geld mehr für den Druck des ursprünglich vorgesehenen Katalogs vorhanden sei.

Offen ist bisher, wie sich das Dokumentationszentrum im Flakbunker über das IBA-Ausstellungsjahr 2013 hinaus entwickeln wird. Die Kulturbehörde hat von einer Unterstützung des Projektes abgesehen.