In Stuttgart, sozusagen in der Wiege des Wutbürgers, hat der Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA) Hamburg, Uli Hellweg, Ende September einen Vortrag über die Notwendigkeit von Bürgerbeteiligung bei einer zeitgemäßen Stadtplanung gehalten. Die Philosophie der IBA lautet: "Bürgerbeteiligung ist die neue Normalität."

Wie beschwerlich dieser Weg zur Normalität ist, zeigte sich jetzt im eigenen Wohnzimmer der IBA - in Wilhelmsburg. Die Mitglieder des IBA-Bürgerbeteiligungsgremiums sind empört, weil die IBA sie nicht beteiligt hat. Niemand der Bürger war informiert, dass die IBA eine Broschüre herausbringen wird, die Besucher nicht nur auf die eigentliche Bauausstellung, sondern zusätzlich auch auf Ausflugziele auf der Elbinsel hinweisen soll. Bei der Auswahl dieser Ziele hätten die Gremiumsmitglieder ein oder zwei Wörtchen mitreden wollen. Dazu, als Berater, seien sie ja da, sagen sie. Zu Recht: Wer Bürgerbeteiligung propagiert, muss sich diesen Schuh auch anziehen.

Bisweilen neigt der mitentscheidungsfreudige Wilhelmsburger aber auch dazu, sein Anhörungsrecht zu überschätzen. Bürgerbeteiligung kann nicht bedeuten, die Rolle eines Aufsichtsrates einzunehmen. Dass ein Wirtschaftsunternehmen, wie gefordert, jetzt den Druck seiner eigenen Publikation stoppt, um seine Nachbarn redaktionell noch zu beteiligen, sollte niemand ernsthaft erwarten.