Die Polizeileitstelle in Buchholz ist geschlossen. Derzeit laufen die Notrufe im Nachbarkreis auf. Die Zentralisierung geht noch weiter.

Buchholz/Lüneburg. Wer im Landkreis Harburg die Telefonnummer 110 wählt, den direkten Draht zur Polizei, der hört ab sofort einen Beamten aus Lüneburg am anderen Ende der Leitung. Die bisherige Leitstelle der Polizeiinspektion in Buchholz ist außer Dienst gestellt worden. Im Lüneburger Behördenzentrum an der Straße Auf der Hude hat die Lage- und Führungszentrale (LFZ) "Luna" ihre Funktion übernommen; "Luna" ist höher angesiedelt, nämlich auf Direktionsebene.

Die Landespolizei zentralisiert die Leitstellen, die aktuelle Zusammenlegung ist da nur ein kleiner Baustein. "Langfristig sollen in Lüneburg alle Notrufe aus der gesamten Direktion auflaufen", sagt deren Sprecherin Wiebke Hennig. Das Gebiet wird dann die Landkreise Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen, Celle, Harburg, Stade, Rotenburg und den Heidekreis umfassen. Eine Fläche, auf der knapp 1,25 Millionen Menschen leben, die dabei nahezu 16-mal so groß ist wie die Hamburgs. Auch der Einsatz der Rettungsdienste und Feuerwehren im Landkreis Lüneburg soll von der neuen Superleitstelle aus gesteuert werden.

Die allerdings muss erst noch gebaut werden. "Im Landeshaushalt stehen fünf Millionen Euro bereit", sagt Vera Wucherpfennig, stellvertretende Sprecherin im niedersächsischen Innenministerium. Anfang kommenden Jahres, so sieht es der Zeitplan vor, solle mit dem Bau begonnen werden. Wiebke Hennig von der Polizeidirektion geht davon aus, dass die neue Leitstelle Ende 2014 oder Anfang 2015 ihre Arbeit aufnehmen könnte. Lüneburg wird dann nach Oldenburg, Hameln, Osnabrück und Wittmund die fünfte sogenannte kooperative Leitstelle im Land Niedersachsen sein.

Die Zentralisierung - im Innenministerium hört man dieses Wort nicht gern, spricht stattdessen lieber von Zusammenführung - ist nicht unumstritten. Zu den Kritikern gehört die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Christian Hoffmann, Sprecher der Landesverbands Niedersachsen, sagt: "Uns wäre es lieber, wenn es die lokalen Leitstellen weiterhin gäbe." Hauptargument der Gewerkschaft: Die Ortskenntnis sei in der Region einfach besser. "Natürlich helfen in den neuen Leitstellen GPS-gestützte Systeme, Straßen zu finden und Fahrtwege zu berechnen", sagt Hoffmann, "die Beamten in den Leitstellen vor Ort kennen aber vielleicht auch mal einen Schleichweg."

Ein Problem könne außerdem sein, in den neuen Leitstellen genug qualifiziertes Personal vorzuhalten. Hoffmann: "Dass die Wachen in der Region ausbluten, das darf nicht sein. Das würde den ländlichen Raum schwächen." Außerdem dürfe es nicht dazu kommen, dass die Leitstellen besser dotierte Dienstposten an sich binden, Posten, die für die Kollegen in der Fläche dann fehlen würden. "Aus Lüneburg ist allerdings zu hören, dass dort alles sehr ordentlich vorbereitet wird", sagt der Gewerkschafter.

Vera Wucherpfennig vom Innenministerium betont hingegen, dass die Zusammenführung vor allem ein Mehr an Leistungsfähigkeit mit sich bringen soll. "Es geht letztlich darum, mit modernster Technik auch großen, immer komplexer werdenden Lagen professioneller begegnen zu können", sagt sie. Und: "Den Bürger, der die 110 wählt, interessiert nicht, wo er landet. Er möchte Hilfe."

Damit Bewohner des Landkreises Harburg die auch weiterhin zuverlässig bekommen, hatte die Polizeidirektion Lüneburg zahlreiche Beamte als Hospitanten vorübergehend an andere Dienststellen versetzt. Sprecherin Wiebke Hennig sagt: "Polizisten aus Lüneburg sind zum Beispiel für einige Zeit nach Buchholz gegangen, um die dortigen Örtlichkeiten besser kennenzulernen."

Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Lüneburger Leitstelle "Luna" - noch in alten Räumen - erst für vier der künftig acht Landkreise zuständig, es sind Lüneburg selbst, Lüchow-Dannenberg, Uelzen - und eben nun auch Harburg. 36 Beamte betreuen im Schichtdienst dieses Gebiet mit seinen aktuell 570 000 Einwohnern; knapp die Hälfte von ihnen, 250 000, kommen aus dem Landkreis Harburg. Innerhalb von 24 Stunden nehmen die Disponenten durchschnittlich 380 Notrufe entgegen, das sind etwa 16 pro Stunde - alle 225 Sekunden einer.