Beim verkehrshistorischen Tag am Sonntag steuert der Fleestedter die historische “Bergedorf“. In 60 Jahren hat er viel auf dem Wasser erlebt.

Fleestedt/Hamburg. Eisbrecher, Schleppdampfer, Personenfähre: Helmut Cordes ist sie alle gefahren. An diesem Sonntag geht der Kapitän aus Fleestedt wieder an Bord. Mit dem Museumsschiff "D.E.S. Bergedorf" nimmt er am zwölften verkehrshistorischen Tag der Hamburger Vereine und Verkehrsbetriebe teil. Alle betriebsfähigen historischen Fahrzeuge des Hamburger Nahverkehrs sind von 9 bis 18 Uhr auf ausgewählten Strecken unterwegs und befördern ihre Gäste kreuz und quer durch die Hansestadt.

Eigentlich ist Helmut Cordes schon seit 1999 im wohlverdienten Ruhestand. Doch seine Liebe zum Wasser und zur Schifffahrt treibt ihn immer wieder zurück ins Ruderhaus. "Da gehöre ich einfach hin. Und so lange ich das körperlich kann, werde ich auch weiter Schiffe führen", sagt der 74-Jährige. "Ich hatte auf meinen Fahrten immer nette Menschen um mich herum. Wir sind wie eine große Familie. Darauf will ich nicht verzichten."

Mit 15 Jahren bestieg Helmut Cordes zum ersten Mal die Planke. Nach einer dreijährigen Ausbildung heuerte er als Bootsmann auf verschiedenen Frachtern an, bereiste innerhalb von acht Jahren 58 Länder, lag in Singapur, Indien, Japan, Russland, Amerika und China vor Anker. 1960 trat er bei der Hafen-Dampfschiffahrts-AG (Hadag) eine Stelle als Steuermann an. Bis zu seiner Pensionierung war er bei Hamburgs Staatsreederei als Kapitän auf verschiedenen Fähren im Einsatz.

In den vergangenen 60 Jahren hat Helmut Cordes manche schöne und schaurige Geschichte an Bord erlebt. Außer bei unzähligen Vereins- und Firmenfesten sowie Hochzeiten war er auch als Schiffsführer im Einsatz, als der Hamburger Shanty-Sänger Carl Bay auf der "Pöseldorf" seinen 50. Geburtstag feierte. Dreimal gingen in seiner Dienstzeit Passagiere über Bord. Meist endete der Sprung ins kühle Nass mit ein paar kleineren Blessuren.

2004 drehte der NDR an Bord des historischen Seglers "Anna", die Helmut Cordes bereits nach Norwegen gesteuert hatte, die "Tatort"-Folge "Die verlorenen Töchter". "Die Dreharbeiten habe ich eine Woche lang hautnah verfolgt. Das war richtig aufregend", sagt der Fleestedter. Und auch eine Havarie hat Helmut Cordes hautnah miterlebt - allerdings als Zuschauer: "Einmal, bei einem Zusammenstoß mit einem Binnenschiff, das einen geschweißten Rumpf besaß, wäre mein Schiff beinahe hindurchgefahren", erzählt der Kapitän. Besagtes Binnenschiff sank nach dem Rammstoß; der genietete Rumpf von Cordes Fähre "Jungfernstieg" jedoch trug nur ein paar Kratzer am Bug davon. "Der Mantel der Hadag-Fähren ist mit zwölf Zentimeter dicken Stahlplatten verstärkt. Damit passiert so schnell nix."

Mit 63 Jahren verabschiedete sich Helmut Cordes dann von seinen Kollegen in den Ruhestand. Doch bereits zum 100-jährigen Bestehen der Finkenwerder-Linie im Jahr 2002 holte der ehemalige Hadag-Geschäftsführer Jens Wrage seinen altgedienten Kapitän wieder zurück ans Ruder. "Er rief mich an und fragte: Herr Cordes, können Sie noch mal kommen? Wir hätten Sie gern als Schiffsführer für die neuen Fähren." Helmut Cordes sagte zu und fuhr am Festtag in Begleitung eines Fernsehteams die alte Strecke mit den neuen "Bügeleisen-Schiffen".

2001 hatte Cordes bereits dem Eigentümer der "Bergedorf", Just Kleinhuist zugesagt, die historische Hadag-Fähre zu besonderen Anlässen wie Hafengeburtstag, "Cruise Days" oder dem verkehrshistorischen Tag zu steuern. Die Fähre war von 1955 bis 1997 im Einsatz und prägte das Bild des Hafens über Jahrzehnte. Nur für fünf bis sieben Sonderfahrten im Jahr verlässt die "Bergedorf" heute ihren Liegeplatz im Museumshafen Oevelgönne. An allen anderen Tagen können Gäste im Museumsschiff speisen und feiern.

Morgen steuert Helmut Cordes die alte Dame wieder sicher über die Elbe. Sie wird auf der historischen Verbindungslinie der Fähre 7 zwischen Oderhöft und Kaiser-Wilhelm-Hafen eingesetzt. "Wir fahren stündlich die alte Hadag-Linie", sagt der Kapitän. An Bord der Fähre ist Platz für 250 Fahrgäste. Angetrieben wird das 30 Meter lange Schiff von einer 380 PS starken Diesel-Elektro-Maschine.

Zur ersten Fahrt legt die Fähre an den St.-Pauli-Landungsbrücken (Brücke 1) um 10.10 Uhr ab. Die letzte Tour beginnt um 17.10 Uhr. An Bord ist dann auch der Hafen-Experte Dirk Ötzmann, der die Gäste auf ihrer Rundreise begleitet und Informationen zur Route bereit hält.