10 000 Obstbäume säumen in den Elbtalauen die Straße. Äpfel, Birnen und Zwetschgen können kostenlos geerntet werden

Neuhaus. Ein Projekt trägt Früchte: Zehn Jahre lang haben Planer und Landschaftsgärtner dafür gearbeitet, jetzt können Anwohner und Ausflügler die Früchte ernten. Um die 10 000 Obstbäume säumen rund 60 Kilometer Straßen in der Elbtalaue, viele davon alte Sorten, die es auf keinem Wochenmarkt zu kaufen gibt. Und fast alle sind gerade reif.

Sie heißen Holländischer Prinz, Goldparmäne, Harberts Renette, Geflammter Kardinal, Goldrenette Freiherr von Berlepsch und Nathusius' Taubenapfel: Streuobstwiesen und Obstbaumalleen mit Tausenden Apfel-, Birnen- und Zwetschgenbäumen ziehen sich durch das Gebiet zwischen Bleckede und Dömitz - junger Nachwuchs ebenso wie 100 Jahre alte, knorrige Senioren.

"Obstbaumalleen - Früchte der Elbtalaue" heißt das Projekt, das vor mehr als zehn Jahren begann und vermutlich niemals ganz beendet sein wird. Eine Flurneuordnung lag an in der Region, die bis 1989 zur damaligen DDR gehörte und 1993 wieder zu Niedersachsen rückgegliedert wurde.

Die Flurneuordnung haben Behörden und Naturschützer genutzt, das Obst-Erbe entlang der Straßen zu schützen.

Am 26. Mai 1952 trat das "Gesetz über die Einführung einer besonderen Ordnung an der Demarkationslinie" in Kraft, die DDR-Behörden richteten eine Sperrzone ein. Fünf Kilometer breit war die, 500 Meter der sogenannte Schutzstreifen. Am Elbdeich verlief der Zaun, als "Grünes Band" zieht sich die einstige Grenze von Schleswig-Holstein bis Bayern durch das Land. Wo Menschen einst Unmenschliches getan haben, konnte sich die Natur so ungestört entwickeln wie kaum woanders.

Den Schatz gehoben haben das Amt für Landentwicklung Lüneburg und die Verwaltung des Unesco-Biosphärenreservats Niedersächsische Elbtalaue. Die Behörden stuften die Obstbäume als schützenswert ein, ließen sie sanieren und ergänzen. "2001 haben wir mit der Kartierung angefangen", sagt Joachim Roemer vom Landesamt. "Das waren rund 6000 Bäume."

Für eine Systematik gesorgt hat bei der Mammutaktion Dieter Schröder, 50, aus Bleckede. "Dort war jahrelang nichts passiert", sagt der selbstständige Natur- und Landschaftspfleger. "Wir haben die Bäume bestimmt und fachgerecht beschnitten und Kronen ausgelichtet, damit sie eine Zukunft haben." Gleichzeitig sind fast 4000 Bäume neu gepflanzt worden, "und die ersten tragen jetzt Früchte".

Er selbst hat diverse Streuobstwiesen mit alten Sorten angelegt, brennt daraus sogar sortenreinen Bio-Schnaps - eine echte Rarität in Norddeutschland: Brände aus Celler Dickstiel, Finkenwerder Herbstprinz, Goldparmäne und Boskop sowie der Köstlichen von Charneux, einer Birne. Schröder ist außerdem aktiv im Lüneburger Streuobstwiesenverein, der am Sonntag, 21. August, in Lüneburg in der Gartenkolonie An Schildstein mit einem Apfelfest seinen ersten Apfel-Erlebnispfad eröffnet.

Auf der anderen Seite der Elbe führen insgesamt zwölf Obstbaumlehrpfade Besucher durch die Elbtalaue, mehr als 100 Bäume tragen Namensschilder. Wer in Bleckede mit der Fähre auf die andere Elbseite übersetzt und sich anschließend rechts hält, der wird automatisch auf die ersten Alleen stoßen.

Die mit Abstand schönste Allee liegt laut Siegrun Hogelücht von der Touristinformation Neuhaus in Bitter: "Dort säumen Äpfel- und Birnenbäume eine alte Kopfsteinpflasterstraße." Ihre weiteren Tipps: Die Obstbaumallee des Jahres 2009 des Bund in Bohnenburg und die Strecke "Typisch alte Straßenobstsorten" in Kolepant.

Übrigens: Wer sich ein paar der ungespritzten, sympathisch unperfekten Äpfel vom Wegesrand mitnehmen möchte, kann das einfach so tun. Wer mehr ernten möchte, sollte vorher bei der Gemeindeverwaltung nachfragen, welche der Allen verpachtet sind: Telefon 038841/60 70. Wer noch mehr wissen möchte, kann den Flyer "Früchte der Elbtalaue" studieren bei der Touristinformation in Neuhaus, 038841/611 55, oder im Internet.

www.elbtalaue.niedersachsen.de