Sämtliche Bewohner legen Widerspruch gegen Duldungsverfügung ein

Lüneburg. Die Bewohner des zum Abriss freigegebenen Hauses Frommestraße 4 in Lüneburg kritisieren die Informationspolitik der Stadtverwaltung. Zudem haben sämtliche Bewohner Widerspruch gegen die sogenannte Duldungsverfügung der Behörde eingelegt. Die Verfügung sieht vor, dass die Bewohner des laut Stadt einsturzgefährdeten Hauses den Abriss dulden müssen sowie die Tatsache, dass die Nutzung des Gebäudes nur noch bis Ende Oktober erlaubt ist - sie bis dahin also ausziehen müssen. Tun sie das nicht, kann die Verwaltung die Wohnungen mit Hilfe der Polizei räumen lassen - ähnlich wie im Juni im Nachbarhaus geschehen.

Wie berichtet, haben die elf gemeldeten Mieter Ende September erfahren, dass sie fünf Wochen später ihre Sachen würden packen müssen. Stadtbaurätin Heike Gundermann nannte Ergebnisse eines neuen Gutachtens, nachdem das Haus "nicht mehr standsicher" sei. Bei dem Gutachten von vor einem Jahr, in dem der Statiker von bis zu zwölf Jahren rechnerischer Standsicherheit ausging, sei teilweise von falschen Voraussetzungen ausgegangen worden. Die Frommestraßenbewohner haben einen Anwalt eingeschaltet. Der habe Akteneinsicht zu den Vorgängen rund um die Frommestraße 4 beantragt und soll die Unterlagen auf Rechtmäßigkeit des Abrisses überprüfen.

"Dabei stellte sich heraus, dass sowohl das Gutachten, das noch im August 2011 eine Standsicherheit von zwölf Jahren ergeben hatte, als auch die viel zitierten neuen Erkenntnisse zur Standsicherheit der Frommestraße 4 nicht vorgelegt wurden", schreibt Mieter Holger Petersen in einer Pressemitteilung und fragt im Namen aller Bewohner: "Dürfen in einem demokratischen Rechtsstaat nicht auch von einer Stadtverwaltung vollständige Fakten sowie eine nachvollziehbare Dokumentation öffentlich relevanter Entscheidungsvorgänge erwartet werden?"

Die Mieter gehen davon aus, dass die Abrissgenehmigung der Frommestraße 4 "unter unrichtigen Voraussetzungen erteilt" worden sei. Weiter: "Die B.I. Fromme-/Bastionstraße stellt fest, dass die Senkungsbewegungen des Hauses Frommestraße 4 seit einem Jahr rückläufig sind." Laut Gundermann haben sich die Senkungen jedoch verstärkt, von zwölf Zentimetern pro Jahr zur Zeit des ersten Gutachtens auf aktuell 19 Zentimeter pro Jahr. Das Haus habe sich in den vergangenen zwölf Monaten um mindestens fünf Zentimeter schiefer gestellt.

Die Mieter bemängeln jedoch, dass sich der von der Stadt beauftragte Gutachter in seiner Beurteilung "lediglich auf Untersuchungen der Statiker des Eigentümers Sallier" beziehe. "Die Verwaltung weigert sich nach wie vor, über den Sachstand in der Frommestraße in einer öffentlichen Bürgerversammlung zu informieren." Darauf erwidert Stadtsprecherin Suzanne Moenck: "Es hat einige Gesprächsangebote gegeben. Die wurden jedoch nicht angenommen." Zudem habe der Prüfstatiker der Stadt die Ergebnisse des Sallier-Gutachters bestätigt. "Das zählt für uns."