Viele Menschen im Landkreis Harburg verlieren viele Stunden auf der Autobahn, in Arztpraxen oder vor diversen Supermarktkassen.

Winsen/Hittfeld. "Time ist money" - "Zeit ist Geld" lautet ein geflügelter englischer Spruch in der zivilisierten Gesellschaft. Er besagt, dass Zeit wertvoll ist und genutzt werden sollte. Schon der römische Philosoph und Dramatiker Seneca sagte: "Es ist nicht wenig Zeit, was wir haben, sondern es ist viel, was wir nicht nutzen."

Mit der Zeit ist es so eine Sache: Mal vergeht sie wie im Fluge, mal mögen die Stunden gar nicht von dannen gehen. Das spüren auch viele Menschen in der südlichen Metropolregion Hamburgs. Vor allem eine Sache macht vielen Frauen und Männern Sorgen: "Diese verdammten Zeitfresser." Das ist das Ergebnis einer nicht repräsentativen Umfrage, die das Hamburger Abendblatt am Montag in Winsen und Hittfeld gestartet hat. Das Thema "Zeitfresser" beschäftigt auch die Gemeinde Neu Wulmstorf: Sie will jetzt mithilfe einer Fragebogenaktion und von Familientagebüchern die Aspekte des Lebens untersuchen, die Neu Wulmstorfern unnötig viel Zeit kosten wie lange Fahrten zum Arbeitsplatz oder zur Kindertagesstätte (das Abendblatt berichtete).

Die Abendblatt-Umfrage in Winsen und Hittfeld zeigt eines vorab: Vor allem Staus, lange Arbeitswege, verspätete Züge, randvolle Arztpraxen und zuviel Stunden vor der Glotze und vorm Computer kosten Frauen und Männern im Landkreis Harburg "unnötig" Zeit. Und diese "unnötige Zeit" kostet viele Menschen Nerven. "Für die Autofahrt von Reppenstedt nach Winsen brauche ich jeweils eine Dreiviertelstunde Zeit", sagt der Reppenstedter Frank Kornadt, 36. "Allein in Lüneburg muss ich an acht Ampeln halten, bis ich endlich auf der Autobahn bin."

Sein Kollege Hikmet Yildiz, 21, braucht rund 25 Minuten für die Fahrt von Lüneburg bis Winsen - "das Pendeln zur Arbeit frisst viel Zeit", analysiert der Lüneburger. Noch mehr Zeit allerdings geht fürs Chatten und Zocken am Computer drauf: "Da werden aus einer geplanten halben Stunde auch schnell mal zwei Stunden."

Und dann ist da noch die Sache mit dem Hund: Den führt Hikmet regelmäßig für einen Kollegen aus. Aber das Tier rennt dann manchmal weg, und so werden aus einer halben Stunde auch zwei Stunden.

Yildiz' Vorgesetzte Dagmar Köhler, 58, braucht für ihren Arbeitsweg von Wulfsen nach Winsen nur neuen Minuten - "das ist gut", befindet die Wulfsenerin. Ihr Zeitfresser Nummer 1 sei ihr Job, "denn ich komme grundsätzlich eine Stunde früher, weil ich oft noch die Pläne ändern muss. Und gestern Abend hat eine Viertelstunde vor Mitternacht noch eine Auszubildende angerufen."

Bei Percy Wurmstädt, 23, aus Buchholz geht viel Zeit für "Bundesliga, Champions League und Europa League im Fernsehen" drauf. "Und meine Freundin", sagt er mit einem Lachen, "kostet natürlich auch Zeit, aber die muss man sich ja nehmen in einer Beziehung."

Angelika Böhmelt, 65, aus Marxen nerven "die Staus auf den Autobahnen rund um Harburg. Und Arztbesuche sind auch ein Zeitfresser, ich muss oft stundenlang warten". Jaqueline Kahrgens, 18, sagt: "Wenn ich etwas für die Schule mache, schreibt irgendwer bei Facebook und ich bin abgelenkt."

Für Marianne Wischmann ist "der Einkauf schnell erledigt, aber das Warten an der Kasse dauert sehr lange". Die Kraftfahrzeuge auf den Autobahnen, die sich in Richtung Hamburg schieben, erregen die Gemüter aber in noch größerem Maße: "Wenn die Elbröhren dicht sind", sagt Rüdiger Kahrmann, 58, aus Rosengarten, "entstehen chaotische Situationen."