Auf große Unfälle und Unglücke können die Rettungsdienste dank neuer Organisation im Landkreis Harburg jetzt besser reagieren.

Winsen. Annette Lorey-Tews hat am Dienstagmorgen um 7.30 Uhr die erste Bereitschaftsschicht als Leitende Notärztin im Landkreis Harburg übernommen. Ihre Ernennungsurkunde und Dienstausweis für dieses Ehrenamt hat die Anästhesistin am Buchholzer Krankenhaus erst am Abend zuvor vom Ersten Kreisrat Rainer Rempe überreicht bekommen. Bei der Feierstunde im Winsener Kreishaus wurde auch Ulrich Beecken, langjähriger Chef des DRK-Rettungsdienstes im Landkreis, zum Organisatorischen Leiter des Rettungsdienstes ernannt.

Die beiden Leiter der medizinischen beziehungsweise technischen Einsatzkräfte bilden gemeinsam die "Örtliche Einsatzleitung Rettungsdienst". Sie wird immer dann aktiv, wenn es zu einem so genannten ManV kommt, wie es in der am Montagabend unterzeichneten Organisationsanweisung heißt. Die Abkürzung steht für Massenanfall von Verletzten, der beispielsweise bei Verkehrsunfällen von Reisebussen oder Massenkarambolagen aber auch Großfeuern und Naturkatastrophen der Fall ist.

"Zur Bewältigung der Einsatzabläufe sind schnelle Entscheidungen erforderlich", heißt es in der Vereinbarung zwischen Verwaltung und Feuerwehr des Landkreises sowie den regionalen Hilfsdiensten DRK und Johanniter Unfallhilfe weiter. "Die Organisationsstrukturen bei einem ManV weichen von denen des täglichen Einsatzgeschehens zum Teil erheblich ab." Um "den sinnvollen Einsatz aller Einheiten und Rettungsmittel zu gewährleisten", sei die Hierarchie am Unglücksort festgelegt worden.

Die Örtliche Einsatzleitung übernimmt bei einem ManV-Fall bisherige Aufgaben der Zentralen Rettungsleitstelle. In unmittelbarer Nähe zum Einsatzleiter der Feuerwehr soll das neu berufene Führungsduo das medizinische und technische Know-How der Rettungsdienste bündeln. Sie sind gegenüber den am Einsatzort tätigen Helfern ihrer jeweiligen Fachrichtung weisungsbefugt. Die Gesamtleitung übernimmt allerdings Kreisbrandmeister Dieter Reymers beziehungsweise sein jeweiliger Abschnittsleiter. Nur sie sind beispielsweise dafür verantwortlich, weitere Helfer nachzuordern. Bei Unglücken mit mehr als 50 Verletzten werden auch Rettungsdienste anderer Landkreise alarmiert.

Die Details der Organisationsanweisung hat die Landkreisverwaltung in den vergangenen vier Jahren gemeinsam mit dem DRK-Kreisverband Harburg-Land und der in Meckelfeld ansässigen Johanniter Unfallhilfe erarbeitet. Das Konzept soll jetzt noch weiter entwickelt werden, um beispielsweise die besondere Arbeitsteilung im ManV-Fall in die Aus- und Fortbildungspläne der Helfer und Führungskräfte der Rettungsdienste aufzunehmen. Praktische ManV-Übungen gab es bereits im vorigen Jahr in der Discothek Mic Mac in Moisburg und im Frühjahr am Menkenbruch bei Marxen.

Mit der laufenden Verbesserung beschäftigt sich eine ständige Arbeitsgruppe. Auch die vor sieben Jahren zur Fachärztin für Notfallmedizin ausgebildete Annette Lorey-Tews, die an der Vereinbarung federführend mitgewirkt hat, engagiert sich in diesem Gremium. Sie verfügt nach mehr als Tausend Einsätzen mit dem Notarztwagen über die notwendige Erfahrung. Bislang hatte der erste Notarzt am Unfallort die medizinische Leitung inne.

"Jetzt erst ist aber sichergestellt, dass wir bestmöglich auch auf Unfälle mit vielen Verletzten vorbereitet sind", sagt Anästhesistin Lorey-Tews. "Es ist ein gewaltiger Schritt für die Sicherheit der Bürger im Landkreis Harburg geschafft." Ihr erster Bereitschaftsdienst als Leitende Notärztin verlief ruhig. Um 16 Uhr übernahm ihr Stellvertreter Jörg Wilhelm Theodor Jensen die Nachtschicht. Weitere Mitglieder des Notärzteteams sind Ute Dörner, Nina Gagelmann, Claus Christopher Jebens, Bibiana Carla Mecke, Kai Rathjen und Volker Paul Heinz Wilckes. Zu der vom Organisatorischen Leiter Rettungsdienst Ulrich Becken geführten Gruppe zählen Stellvertreter Phillip Fuchs, Jan Gagelmann, Christian Herz, Markus Rath und Jörgfried Stapel.