SPD und Kirche in Neu Wulmstorf rufen zur Aktion gegen Rechts auf. Verantwortliche gehören offenbar Hamburger Gruppierung an.

Neu Wulmstorf. Eigentlich gilt Neu Wulmstorf nicht als Herd der rechtsextremen Szene. Anders als etwa in Tostedt wohnen hier weder Kristallisationsfiguren der rechten Szene noch gibt es hier bekannte Treffpunkte Rechtsextremer. In den vergangenen Monaten wurden hier jedoch immer wieder rechtsextremistische Parolen auf Aufklebern verbreitet. "Ihr für uns, wir für Euch!, im Gedenken an die gefallenen Helden beider Weltkriege" und "Aufstand wagen, Deutschland retten" steht auf den Stickern, die an Laternen und Verkehrsschildern kleben.

Offenbar rühren die Parolen von der als radikal und gewaltbereit einzustufenden Gruppierung "Weisse Wölfe Terrorcrew/Hamburger Nationalkollektiv" her. "Es spricht viel dafür, dass die Verantwortlichen für die Aufkleber in Neu Wulmstorf dieser Gruppe zuzuordnen sind", sagt Anke Klein, eine Sprecherin des niedersächsischen Verfassungsschutzes. Denn es gebe Einzelpersonen dieser Gruppe aus Niedersachsen, die im Hamburger Grenzgebiet aktiv seien. Ob diese Einzelpersonen aus Neu Wulmstorf stammen, kann Klein aus Datenschutzgründen nicht beantworten. Aber: Es sei wegen der Sticker-Aktion in Neu Wulmstorf bereits ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Jetzt wollen SPD und Kirche ein Zeichen setzen und rufen alle Bürger für den 3. Oktober, den Tag der deutschen Einheit, auf, gemeinsam der rechten Propaganda ein Ende zu bereiten. Tobias Handtke, Fraktionsvorsitzender der SPD-Gemeinderatsfraktion und Landtagskandidat, ist Initiator der Aktion und beobachtet schon seit mehreren Monaten, dass sich die Aufkleber mit rechten Parolen in Neu Wulmstorf häufen. Er schätzt, dass es mehrere Hundert sind. "So etwas kann man nicht länger hinnehmen", sagt er.

Dem Sozialdemokraten ist durchaus bewusst, dass eine solche Aktion gegen Rechts auch immer die Gefahr birgt, den Menschen mit rechtsextremistischer Gesinnung indirekt ein Forum zu schaffen. Aber als ihn vor einigen Wochen erneut ein Bürger auf die rechten Aufkleber aufmerksam machte, sei für ihn klar gewesen, dass es Zeit ist, sich dagegen zu wehren. Handtke hat dann Hans Dittmar, Pastor der Lutherkirche in Neu Wulmstorf, für die Aktion gegen Rechts gewonnen.

Vor allem im Bereich des Bahnhofs in Neu Wulmstorf kleben die Sticker, aber auch im Wohngebiet wie etwa im Erikaweg. Als Propagandadelikt seien Parolen wie "Nationale und Sozialistische Revolution" oder "Deutschland retten" jedoch nicht zu verwerten, erklärt Johannes Voskors, stellvertretender Pressesprecher der Polizeiinspektion Harburg. Bei dem Verfahren, das jetzt bei der Staatsanwaltschaft Stade laufe, gehe es lediglich um Sachbeschädigung.

Dass die Aufkleber Rechtsextremisten zuzuordnen sind, ist aber unbestreitbar. Denn neben den Parolen taucht auf einigen Aufklebern auch der Hinweis auf eine Website auf, die unter anderem auf Kundgebungen der NPD hinweist. "Die rechtsextreme Szene ist sehr vernetzt, und man kann sich die Aufkleber von Internetseiten kostengünstig herunterladen", sagt Klein.

Ein Besuch am Bahnhof zeigt: Bürger wurden bereits aktiv und haben Aufkleber abgekratzt. Hier und da ist nur ein nach oben gestreckter Arm mit geballter Faust zu erkennen. Ein Beleg dafür, dass viele Bürger in Neu Wulmstorf null Toleranz für rechtes Gedankengut aufbringen. Neu Wulmstorfs Bürgermeister Wolf Rosenzweig sagt: "Ich finde es erschreckend, dass es die Aufkleber gibt." Er kündigte an, am 3. Oktober selbst zum Spachtel zu greifen. Wie Michael Krüger, Pressesprecher der Gemeinde Neu Wulmstorf mitteilte, war die Verwaltung auch in der Vergangenheit aktiv. Mitarbeiter des Baubetriebshofs haben immer wieder versucht, die Aufkleber zu entfernen.

Wer an der Aktion gegen Rechts teilnehmen möchte, wird gebeten, sich am 3. Oktober um 10 Uhr am Bahnhof Neu Wulmstorf einzufinden.