Hittfeld. Eine unscheinbar wirkende Formalie hat im Harburger Kreistag am Donnerstagnachmittag für Aufregung gesorgt. Die Gruppe Grüne/Linke hatte eine außerplanmäßige und öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses beantragt. Am Dienstag, 30. Oktober, sollte demnach der Frankfurter Familienrechtler Ludwig Salgo vor den 41 Mitgliedern des Gremiums über die Themen "Fremdunterbringung im Landkreis Harburg" und "Elternrecht versus Kindeswohl" referieren. Die bundesweit engagierte "Projektgruppe Strukturanalyse Fremdunterbringung" habe angeboten, den 65-Jährigen als Berater einzuladen. Der ehemalige Professor am Fachbereich für Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Frankfurt spreche zum gleichen Thema am Tag zuvor als Experte im Sonderausschuss zum so genannten "Fall Chantal", in dem es um den Vergiftungstod einer Elfjährigen durch Methadon in ihrer Wilhelmsburger Pflegefamilie geht.

Zum so genannten "Fall Dennis", in dem es um den juristischen Kampf eines Pflegeelternpaares eines Sechsjährigen mit dessen leiblichem Vater geht, hatte Salgo in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt Entscheidungen des Winsener Amtsgerichts und Jugendamtes kritisiert. "Auch beim Pflegekinderdienst des Landkreises Harburg gibt es noch Potenzial zu Verbesserungen", begründete Grünen-Abgeordnete Katrin Munz die von ihr geforderte Sondersitzung. Ihren Dringlichkeitsantrag lehnte der Kreistag jedoch mit breiter Mehrheit ab. Zuvor hatte der zuständige Fachbereichsleiter Reiner Kaminski vor einer erneuten Strukturdiskussion gewarnt. Wie berichtet, verstärkt demnächst ein weiterer Sozialarbeiter den bisher mit 1,5 Stellen besetzten Pflegekinderdienst. Die Gruppe Grüne/Linke hatte 3,5 Fachpersonalstellen für die 158 Pflegekinder im Landkreis Harburg gefordert.