Eine Glosse von Uta Buhr

In meinem Stadtteil macht ein unbekannter junger Umweltschützer mit einer Serie apokalyptischer Darstellungen von sich reden. Kindlich unbeholfene Zeichnungen zieren die Stämme alter Kastanien, an denen allmorgendlich ein Heer Berufstätiger vorbeizieht.

"Rettet die Flüsse und Seen", steht in steilen Buchstaben auf Bild Nummer 1. Algen und tote Fische gemahnen an Umweltsünden. Weiter fordert das Kind, Meer und Wälder zu schützen. Horrorvisionen von kahlen Bäumen in einer verkarsteten Landschaft sowie verendende Robben schockieren auf einer weiteren Zeichnung den Betrachter. "Kernkraftwerke sind doof", heißt es lakonisch auf Bild 4, das eine einsame Kuh vor klobigen Reaktoren zeigt.

"Der hat recht", meint ein etwa Zehnjähriger gönnerhaft. "Sogar alles richtig geschrieben", pflichtet ihm sein Freund bei. Vor der letzten Zeichnung mit dem Aufruf "Rettet das Ozonloch", stehen die beiden ratlos. "Das hat er in den falschen Hals gekriegt. Das Ozonloch soll nicht gerettet, sondern geschlossen werden", ereifert sich der eine.

"Und damit die Umweltverschmutzer nicht auf falsche Gedanken kommen, muss das weg", beschließt der andere. Darstellung Nummer 5 wird in kleine Schnipsel gerissen und auf dem Bürgersteig entsorgt. Tja, liebe Kinder, es geht eben nichts über eine saubere Umwelt!