80 Menschen besuchen soziale Einrichtung in Winsen - Landtagskandidat reichte ihnen das Essen

Winsen. Manfred Reimann aus Winsen hat 31 Jahre lang als Gerüstbauer gearbeitet. "Die Rente", sagt der 65-Jährige, "reicht leider nicht. Ich habe Fehler gemacht. Zum Glück bekomme ich noch etwas Geld von der Sozi dazu."

Der August neigt sich dem Ende, im Portemonnaie vieler Rentner herrscht Ebbe, da macht sich Manfred Reimann an diesem Dienstagvormittag auf in die Reso-Fabrik am Neulander Weg 15. Dort öffnet die Winsener Gruppe der Harburger Tafel ihre Pforten. Es kommen rund 80 Menschen, die etwas zu essen brauchen, aber kein Geld dafür ausgeben können. Es kommen Frauen und Männer, etwa die Hälfte hat einen Migrationshintergrund. Manche Mütter bringen auch ihre Kinder mit.

Essen gibt es reichlich in der Reso-Fabrik: Milch, Joghurts, Salate, Nudeln, Brot, Bananen, Schinken und Nektarinen. Das Essen kommt von Supermärkten, Bäckereien und Bauern, die es nicht mehr verkaufen können. Die Bedürftigen kommen mit Rucksäcken, Tüten und Hackenporsche. Wer etwas umsonst zu essen haben will, muss nachgewiesen haben, dass er bedürftig ist und an jedem Tafeltag - dienstags und freitags - einen Euro zahlen.

An diesem Dienstag hat sich ein besonderer Gast in der Reso-Fabrik angemeldet: Der Christdemokrat André Bock, 39, aus Winsen. Er ist Produktverantwortlicher im Betrieb Abwasserbeseitigung des Landkreises Harburg und seit elf Jahren Mitglied im Winsener Stadtrat. Seit vergangenem Jahr ist er auch 1. Stellvertretender Bürgermeister und hat ein Ziel vor Augen: Er will am 20. Januar 2013 die meisten Stimmen im Wahlkreis 50 (Winsen, Stelle, Elbmarsch, Hanstedt und Salzhausen) gewinnen und in den Niedersächsischen Landtag einziehen - als Nachfolger von André Wiese (CDU), der nach der Wahl zum Winsener Bürgermeister auf sein Landtagsmandat verzichtet hatte.

André Bocks Motto heißt: "Nicht nur meckern, selber mit anpacken!" An diesem Vormittag krempelt er die hellblauen Ärmel hoch, streift sich die Plastikhandschuhe über und bedient gemeinsam mit sechs ehreamtlichen Helferinnen die Armen der Kreisstadt. "Der große Teil der Tafelbesucher ist sehr bedürftig", sagt Ingrid Vollsen, Mitarbeiterin der Reso-Fabrik - sie hat selbst zwei Jahre lang für die Tafel gearbeitet. "Die Tafel hat eine sehr wichtige Aufgabe in Winsen", sagt der Christdemokrat Bock. "Der Bedarf ist eindeutig da - das ehrenamtliche Engagement ist vorbildlich. Man spürt die Dankbarkeit der Menschen."

Dass der Andrang so groß ist vor der Harburger Tafel in Winsen, habe ihn "überrascht", sagt André Bock. "Gerade hier in Winsen bekommt man dieses Problem sonst nicht mit."