Ein ehemaliger Mitarbeiter der Samtgemeinde Hanstedt nutzt eseine Position und Kollegen aus und leerte die Kasse. Die Polizei ermittelt nun.

Hanstedt. Hanstedts Samtgemeindebürgermeister Olaf Muus (parteilos) ist ebenso fassungslos wie enttäuscht. Er wurde von einem Kollegen hintergangen. Der ehemalige Leiter der Kasse, Daniel P., soll zwischen Februar und Juni dieses Jahres knapp 125 000 Euro unterschlagen haben. Dem 34 Jahre alten Mitarbeiter wurde fristlos gekündigt. Die Polizei ermittelt.

Samtgemeindebürgermeister Muus sitzt erst knapp zehn Monate auf dem Chefsessel im Hanstedter Rathaus, da muss er sich bereits mit einem sehr unangenehmen Thema beschäftigen. Mitte Juli bekam Muus den Hinweis, dass die Staatsanwaltschaft gegen seinen Kassenleiter ermittele. Es gehe dabei um Geldgeschäfte, mehr wollte Muus dazu am Montag nicht sagen und verwies darauf, dass es sich um ein laufendes Verfahren handle. Zuvor hatte der Verwaltungschef reagierte und den Kassenleiter zur Rede gestellt, der bis dahin laut Muus "immer unauffällig und sehr gut gearbeitet" hatte.

Im November 2009 war Daniel P. zur Samtgemeinde Hanstedt gewechselt. Zuvor hatte er sechs Jahre lang in der Kasse einer Stadt im Süden Niedersachsens gearbeitet. Nachdem Muus seinen Kassenleiter mit den Vorwürfen konfrontiert hatte, meldete sich dieser krank. Seiner Vertreterin fiel dann bei einer routinemäßigen Prüfung eine ungewöhnliche Buchung auf. Dabei stellte sie zunächst eine Unterschlagung fest. Grund genug für die Verwaltung weiter intensiv zu recherchieren - mit Erfolg. Es wurden 18 Fälle aufgedeckt, bei denen Daniel P. fast 125 000 Euro ergaunerte. Doch wie hat er das geschafft?

Daniel P. hat das Vier-Augen-Prinzip ausgetrickst und seine Kollegen ausgenutzt. Dabei nutzte er zunächst die große Anzahl an Buchungen in der Samtgemeinde Hanstedt, knapp immerhin fast 1900 Euro im Monat. Dann hat er sich vom sogenannten Vorschusskonto bedient und immer wieder Geldbeträge bis maximal 20 000 Euro auf ein extra angelegtes Scheinkonto überwiesen.

Vom Vorschusskonto werden durchlaufende Posten, zum Beispiel Türöffnungen bezahlt, die sich die Samtgemeinde sofort wieder zurückholt, und die deshalb so nicht im Haushalt auftauchen. Zwischen Februar und Juni soll P. von diesem Konto maximal sechs Buchungen im Monat vorgenommen haben. Derartige Ausgaben müssen in der Samtgemeinde Hanstedt immer gegengezeichnet werden. Daniel P. habe die Listen immer unterzeichnen lassen, wenn seine Vertreterin oder die Mitarbeiterin, die für die Anlagenbuchhaltung zuständig ist, nicht im Haus waren. So habe er andere zwar zeichnungsberechtigte, aber nicht detailliert informierte Kollegen ausgenutzt.

Die illegalen Kontobewegungen seien in der Masse der Buchungen aufgetaucht, fielen aber nicht weiter auf. "Nicht jeder Vorgang wird doppelt überprüft, das funktioniert nicht", sagt Samtgemeindebürgermeister Muus. Der frühere Kassenleiter habe dabei allerdings auch das System zum Teil manipuliert und bestimmte Seiten entfernt. So musste die Verwaltung bei der tiefer gehenden Recherche unter anderem Belege aus der Archivierung der Sparkasse anfordern, um den Betrug vollständig aufzudecken.

Der ehemalige Kassenleiter wurde sofort entlassen. Es wurde zudem Strafanzeige bei der Polizei gestellt. Das war bereits Ende Juni. Die Ermittlungen seien zwischenzeitlich weitestgehend abgeschlossen. Wann sich der 34-Jährige vor dem Gericht verantworten muss, ist noch unklar. Ebenso unklar ist auch das mögliche Motiv des mutmaßlichen Täters.

Offensichtlich brauchte der Beschuldigte dringend Geld. Mehr Geld als er verdiente, das waren bei der Verwaltung zwischen 36 000 und 40 000 Euro brutto im Jahr. P. soll private Probleme in seiner Beziehung gehabt haben. Mehr ist derzeit noch nicht öffentlich bekannt. Samtgemeindebürgermeister Muus ist enttäuscht von seinem ehemaligen Mitarbeiter, fragt sich aber auch, warum dieser in seiner Not nicht um Hilfe gebeten habe.

Die Samtgemeinde Hanstedt sucht nun nach einem neuen Kassenleiter. Die Stelle wurde bereits ausgeschrieben. Zudem wird daran gearbeitet eine Lösung zu finden, wie so etwas nicht wieder vorkommt.

Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) des Landkreises Harburg hat bereits die Zahlen der Kommune geprüft. Die festgestellten Unterschlagungen wurden bestätigt, weitere Verdachtsfälle ergaben sich hingegen nicht. Jetzt prüft das RPA, ob es "noch irgendwo eine Lücke gibt", sagt Muus. Zudem wird eine externe Organisationsprüfung ausgeweitet, es soll untersucht werden, ob in den Abläufen etwas geändert werden müsse. Bisher seien jedoch die Dienstvorschriften eingehalten worden.

Die Manipulationen des Kassenleiters seien mit hoher krimineller Energie und raffinierter Vorgehensweise durchgeführt worden, sagt Samtgemeindebürgermeister Muus. Dennoch sollen alte und bewährte Vorgehensweisen hinterfragt und interne Abläufe und Zugriffsrechte noch einmal extern überprüft werden.