Zwei Top-Kabarettisten aus der Region auf “Landkult“-Festival auf Hoopter Obsthofbühne: Sven Bardowicks und Jens Heidtmann.

Winsen. Tierisch komisch kommt das nächste "Landkult"-Kleinkunstfestival daher: Der Kabarettist Jens Heidtmann veranstaltet ein Affentheater und liefert sich mit einem Schimpansen einen intellektuellen Schlagabtausch über die menschliche Natur. Und Sven Bardowicks, mittlerweile so etwas wie der Resident-Komiker des Festivals in Gestalt des Klassenfeindes, lässt einmal mehr die Rampensau raus und bringt neues Absurdes aus der verlorenen Heimat in der DDR ans Licht.

Ob in der Luhe Lachwasser fließt? Zumindest ist auffällig, dass die beiden Komiker aus Winsener Ortschaften kommen. Da ist Sven Bardowicks aus Hoopte, 42, ein hemmungsloser Comedian, der als Volkspolizist die Hosen runter lässt und im Klamauk subtil politisch wirkt. Und Jens Heidtmann aus Pattensen, 55, der das klassische Kabarett im Stile Dieter Hildebrandts verehrt, aber gleichzeitig die Grenzen des Genres sprengt. Beide stellen ihre aktuellen Soloprogramme beim Herbst-"Landkult" im Elbdorf Hoopte auf der charmanten Obsthofbühne vor.

In seinem Programm "Affentheater" spielt Jens Heidtmann den Normalbürger, der die menschliche Spezies wie selbstverständlich für die Krönung der Schöpfung hält. Frech sagt er dem Schimpansen Paul ins Gesicht, er hätte sich auf der Evolutionsleiter eben besser anstrengen sollen. Dabei weiß doch jeder, dass man unsere nächsten Verwandten besser nicht reizen soll...

Paul, ein Alpha-Männchen mit vielen Weibchen, kann nicht nachvollziehen, warum Menschen ein unsichtbares Wesen anbeten, das ihnen sagt, wo es langgeht. Und schon entbrennt ein Dialog über Sinn und Unsinn von Religion. Jens Heidtmann gibt dem Affen Kontra und führt uns so auf einen vergnüglichen Kurztrip durch die menschliche Natur.

Je mehr der Schimpanse über den Menschen erfährt, umso wütender wird er. Paul nimmt zur Kenntnis, dass der Mensch lieber an Dinge glaubt, die er nicht beweisen kann. Und von moralischen Grundsätzen geprägt ist, nach denen er nicht handelt. Am Ende kommt der Affe zu dem Schluss, dass nicht er, sondern der Mensch in den Zoo gehört.

Jens Heidtmann gräbt Absurditäten des Menschseins aus und entmystifiziert auf diese Weise die vermeintliche Krone der Schöpfung. "Ich schreinere dich zur Barbie", sagt der Kabarettist zu seiner Affenpuppe. Und ganz nebenbei deckt er ein Geheimnis auf, das den Mythos der Modepuppe, Inbegriff der Schönheit, zum Einsturz bringt: Das einzige Kleidungsstück, dass Barbie nicht wechseln kann, ist die Unterhose. Der Slip ist ihr auf die Haut gemalt. "Was steckt da für ein pädagogisches Konzept dahinter?" sorgt sich Jens Heidtmann um die Hygiene.

Kein Wunder, dass der Schimpanse zu dem Urteil gelangt: "Der Mensch ist nur ein bösartiger Virus!" Das sagt der Affe aus Hagenbeck übrigens im besten, lang gedehnten Hamburger Slang. Sind Schimpansen doch die besseren Primaten?

Seit 27 Jahren lebt der Kabarettist aus Pattensen von seiner Kunst. Jens Heidtmann spielt auch Kinderprogramme, engagiert sich im Projekt Sascha gegen sexuelle Gewalt. "Quatsch befriedigt mich nicht", sagt er, "ich möchte inhaltlich arbeiten und trotzdem Menschen zum Lachen bringen." So verwundere es nicht, dass Jens Heidtmann ein Freund des klassischen, politischen Kabaretts ist. Dieter Hildebrandt und Hagen Rether schätzt er sehr.

Aber gerade mit seiner selbst gebauten Affenpuppe wird Jens Heidtmann zur Herausforderung des altehrwürdigen deutschen Kabaretts. Denn Kabaretthäuser, so seine Erfahrung, tun sich schwer mit Puppenspiel, ordnen sein Programm der Comedy-Szene zu. Jens Heidtmann und sein Schimpanse müssen also noch Grenzen sprengen.

Eine Grenze zu überschreiten, gilt auch für Sven Bardowicks. Der wohl lustigste selbstständige Fliesenleger Deutschlands spielt mit dem Gedanken, die Comedy zum Beruf zu machen. Als Dauergast beim "Landkult"-Festival ist der Lokalmatador aus Hoopte bereits auf dem Weg zu einer lokalen Comedy-Größe.

Sein Soloprogramm "Rampensau sucht Publikum" entwickelt er ständig fort. Und so erfährt das Publikum beim Herbst-"Landkult" unter altem Titel allerlei Neues von dem DDR-Volkspolizisten Horst Becker, in dessen Rolle Bardowicks, entgegen dem Rat seines Therapeuten, immer wieder schlüpft.

Der Comedian vom Elbdeich kennt sich aus mit der DDR und Volkspolizisten. Letztere, sagt er, hätten ihn in seiner Jugend oft genug geärgert. Sven Bardowicks stammt aus Stralsund und hat erst ein Jahr nach dem Mauerfall "in den Westen rüber gemacht". Manche halten ihn für den Mann, der in der DDR das Licht ausgemacht hat.

Sven Bardowicks nimmt die Absurditäten des DDR-Regimes komödiantisch aufs Korn.

Dabei sieht sich die selbst ernannte Rampensau als unpolitischer Comedian, der die Leute amüsieren möchte. Als Margot schlüpft der Komiker mit den unzähligen Mundarten auf der Zunge in die Rolle einer Hamburgerin aus reicher Familie. "Leichtathletik & Busse" nennt Bardowicks die fiktive Hanseatensippe. "Weil der Name Thurn und Taxis schon vergeben ist", scherzt er. Wer ihm zuhört, merkt schnell, dass er ein reflektierender Mensch ist und längst nicht ein so unpolitischer, der er zu sein behauptet.

Ost und West - alle bekommen ihr Fett weg. Ein halbes Dutzend Persönlichkeiten nimmt Sven Bardowicks auf der Bühne an. Er spielt typische Bundesrepublikaner wie Mustafa, den Gemüsehändler, Wladimir, den potenzstarken Katalogrussen, oder Luigi, der die Deutschen erklärt, und zeichnet damit ein höchst aktuelles Deutschlandbild.

Wie lange nach dem Mauerfall taugt die DDR-Vergangenheit noch als Comedy-Stoff? "Ich glaube für immer", sagt Sven Bardowicks. Er habe noch eine Menge Nachholbedarf erkannt. Im nächsten Jahr will er seinem Programm einen neuen Titel geben: "Honeckers Enkel".