Mädchen aus Tostedt starb nach einer Serie von Schicksalsschlägen - Ihre Eltern suchen trotzdem nach Lebensrettern

Tostedt. Miriams Eltern haben all ihre Kraft zusammengenommen. "Wir sind sicher, dass es in ihrem Sinn wäre, diese Aktion auf jeden Fall zu unterstützen", sagt das Ehepaar aus Tostedt. Vor knapp zwei Wochen ist ihre Tochter gestorben, ihr Körper war einfach zu schwach nach den Strapazen der vergangenen Wochen und Monate. Dennoch wollen die Eltern die Typisierungsaktion zur Gewinnung neuer Stammzellenspender am 18. August nicht absagen. Sie wollen in Miriams Namen das Leben anderer Betroffener retten - obwohl ihrer eigenen Tochter niemand mehr helfen kann.

Die 14-Jährige hatte an Aplastischer Anämie gelitten, einer lebensgefährlichen Erkrankung des blutbildenden Systems. Um die Krankheit zu bekämpfen, war sie auf eine Stammzellentransplantation angewiesen. Miriams Glück im Unglück: Es fand sich rasch ein passender Spender, ein Operationstermin wurde angesetzt. Nach der Operation reagierte ihr Körper positiv auf die neuen Stammzellen, Hoffnung keimte auf, dass alles doch noch ein gutes Ende nehmen würde. Doch dann blieb nicht mehr genügend Zeit, die schwere Lungenentzündung zu bekämpfen, die als Folge der Immunschwäche aufgetreten war. Miriam starb am 24. Juli.

Es war der Letzte einer Aufeinanderfolge von Schicksalsschlägen für die Familie, die an einem Spätnachmittag Mitte März ihren Anfang genommen hatten. An jenem Tag war Miriam mit einer Freundin in den Reitstall des Reit- und Fahrvereins Tostedt gekommen, um ihre Pferde für einen Ausritt abzuholen. Ihren Eltern hatten die begeisterten Reiterinnen versprochen, nur eine kurze Runde zu drehen.

Die Mädchen brachen in Richtung Dohren auf, wo auf einem Feldweg der folgenschwere Reitunfall geschah. Die Tiere stürzten plötzlich, nachdem sie von einem Feld auf eine asphaltierte Straße galoppiert waren und den Halt verloren hatten. Mit den Pferden stürzten auch die Mädchen zu Boden. Miriams Freundin erlitt dabei eine schwere Gehirnerschütterung, kam aber kurze Zeit später wieder zu sich. Anders Miriam. Sie wurde bewusstlos aufgefunden. Das Mädchen war nicht ansprechbar und wurde von einem Notarzt ins künstliche Koma versetzt, bevor Rettungskräfte die damals 13-Jährige mit schweren Verletzungen am Kopf und im Innern ins Krankenhaus nach Rotenburg brachten.

Eine Woche blieb sie dort, bevor es für weitere acht Wochen in eine Geesthachter Rehaklinik ging. "Dort wurde ihr am 30. April Blut abgenommen, und die ersten Untersuchungen begannen", erinnern sich Miriams Eltern an die Zeit, als neben der Sorge wegen des Reitunfalls auch die Aplastische Anämie hinzukam. Ob die Krankheit in Zusammenhang mit dem Unfall steht, ist indes unklar. "Die Ärzte können nicht genau sagen, woher die schwere Aplastische Anämie bei Miriam kam, da es bei zwei Millionen Menschen diese Krankheit nur ein Mal gibt", sagen die Eltern.

Miriam verbrachte ihre Zeit fortan abwechselnd im Universitätsklinikum Eppendorf und in der Rehaklinik Geesthacht. Zwischendurch durfte sie dreimal für einen Tag nach Hause, an ihrem 14. Geburtstag am 2. Juni sogar für zwei Tage. Als danach schließlich eine Chemo- und Aufbautherapie begann, stellten sich jedoch Komplikationen ein. "Miriam bekam Unterleibschmerzen und Atemnot", erzählen die Eltern. Die letzten Wochen ihres Lebens verbrachte sie auf der Intensivstation, bis ihr Körper trotz der Knochenmarktransplantation erschöpft aufgab.

Die Typisierungsaktion ist den Eltern nun so etwas wie eine Herzensangelegenheit: "Miriam wird immer bei uns sein, und wir wissen, dass Miriams Kraft und Entschlossenheit in uns wirken." Sie wünschen sich sehr, dass sie im kommenden Jahr bekannt geben könnten, dass ein oder mehrere Spender aus der Aktion hervorgegangen sind und sie damit Leben retten konnten.

Welche Bedeutung eine solche Aktion hat, verdeutlicht Bettina Steinbauer von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in Köln. Viele Patienten könnten nur überleben, wenn es irgendwo einen Menschen mit nahezu den gleichen Gewebemerkmalen im Blut gibt, sagt Steinbauer. Diesen Menschen könne man nur finden, wenn er sich in eine Spenderdatei aufnehmen lasse. "Jeder, der sich als potenzieller Stammzellenspender in die DKMS aufnehmen lässt, ist eine Chance für Patienten und kann vielleicht schon morgen zum Lebensspender werden."

Die Typisierungsaktion der DKMS am Sonnabend, 18. August, in der Erich-Kästner-Realschule, Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße 12, in Tostedt läuft von 10 bis 16 Uhr. Mitmachen kann jeder zwischen 17 und 55 Jahren, der in guter gesundheitlicher Verfassung ist. Auch Geldspenden sind willkommen. Schirmherr ist Samtgemeindebürgermeister Dirk Bostelmann.