Die Hadag schafft die Abos für Fahrräder auf der Fähre Cranz-Blankenese ab. Die Bürger sorgen sich daher nun um die Zukunft dieser Elb-Linie.

Cranz/Blankenese. Sie sind eine bunte Truppe, die die gemeinsame Fährfahrt zusammenschweißt. Bei Wind und Wetter, Regen oder Sonnenschein setzen sie über, weil auf der anderen Seite der Elbe ihre Arbeitsstelle liegt. Matthias Bergmann, Jan Schoppmeier und Stefanie Wöhler sind Berufspendler zwischen Blankenese und Cranz. Sie erleben auf "ihrer" Elbfähre Tag für Tag das, was Touristen als unvergessene Ausflugsfahrt empfinden und wofür viele sogar extra nach Hamburg reisen. Das tolle Panorama von Blankenese, die imposante Klappbrücke am Estesperrwerk, das Möwengeschrei und die steife Brise. "Auf der Fähre ist eine ganz besondere Atmosphäre", schwärmt Matthias Bergmann. Er sei froh, dass es die Verbindung gebe. Umso bedauerlicher findet er die Entwicklungen der vergangenen Wochen.

Seit kurzem heißt es nämlich: Fahrradkarten gibt es nur noch im Einzelverkauf für 1,50 Euro und nicht mehr im Jahresabo. Was sich auf den ersten Blick halb so wild anhört, ist auf den zweiten Blick eine dramatische Kostenexplosion. Pendler, die täglich die Fähre für die Hin- und Rückfahrt nutzen und ihr Rad mitnehmen, müssen pro Jahr statt der bisherigen Abo-Kosten von 100 Euro nun bei durchschnittlich 220 Arbeitstagen mehr als 600 Euro zahlen. Allein für das Fahrrad, wohlgemerkt. Hinzu kommt noch ihre eigene Fahrkarte. Wer sich nun wundert, dass die Radmitnahme zwischen Cranz und Blankenese überhaupt etwas kostet, während sie auf allen anderen Fährlinien im HVV-Bereich ebenso wie in den U- und S-Bahnen und Bussen kostenlos ist, muss sich mit einer Art Gewohnheitsrecht begnügen. "Die Linie war schon immer kostenpflichtig", sagt Gabriele Müller-Remer, Vorstand des zuständigen Fährunternehmens Hadag. Das Aus der Jahresabos begründet sie damit, dass die Hadag als kleines Unternehmen keine beliebige Vielfalt an Tarifen vorhalten könne. Dann habe niemand mehr einen Überblick.

Ausnahmen gibt es trotzdem. Matthias Bergmann zum Beispiel, der die Elbfähre seit acht Jahren nutzt, hat Glück gehabt. Der 45-Jährige legt die knapp sechs Kilometer vom Anleger zur Justizvollzugsanstalt Hahnöfersand, wo er im EDV-Bereich arbeitet, täglich mit dem Rad zurück. Zunächst sah es auch so aus, als ob er ab sofort Einzelkarten kaufen müsste. Doch auf Nachfrage sei sein Fahrrad-Jahresabo schließlich doch verlängert worden und werde es auch in Zukunft werden, sagt er. Einfach deshalb, weil er Bestandskunde ist. Das bestätigt auch Gabriele Müller-Remer. Es gebe ja nur einige ganz wenige, die die Fähre schon lange nutzten, sagt sie. Für die habe man eine Ausnahmeregelung geschaffen.

Jan Schoppmeier gehört nicht zu diesem Kreis. Der 35 Jahre alte Diplom-Ingenieur wohnt erst seit diesem Jahr in Blankenese und pendelt mit Fähre und Fahrrad zu seiner Arbeitsstelle bei Airbus in Stade. Anderthalb Stunden brauche er für die Strecke, berichtet er. Auch er hatte bei der Hadag nachgefragt, wie es mit einem Jahresabo fürs Rad aussieht. Doch da er kein Bestandskunde war, schaute er in die Röhre. "Mit dem Fahrrad werde ich aber weiterhin fahren", sagt er. Zumal er es nur zwei bis drei Mal die Woche nutzt und ansonsten mit dem Auto fährt. Die Kosten will er nun im Blick behalten, um zu sehen, ob er eines Tags nicht doch komplett aufs Auto umsteigen muss.

Für Stefanie Wöhler käme das nicht in Frage. Die 46-jährige Blankeneserin arbeitet als Einkäuferin im Elektrohandel in Neu Wulmstorf und fährt vom Anleger in Cranz aus mal mit dem Rad, mal mit dem Auto zur Arbeit. "Ein Jahresabo würde sich für mich nicht lohnen", sagt sie. Dennoch wundert sie sich, dass es solche Unterschiede bei den Tarifen gibt. Eines betont sie aber ebenso wie die anderen zwei: Es geht den Pendlern nicht darum, dass sie kostenlos die Räder mitnehmen wollen. Sie würden sich nur wünschen, dass sich die Rad-Tarife für diejenigen, die täglich auf die Fähre angewiesen sind, von den Tarifen für Ausflügler unterscheiden.

Die Mitglieder des Arbeitskreises Cranz stellen nun die Grundsatzfrage, wie die Hadag mit der Elbfähre Cranz-Blankenese umgeht. Wenn die Kosten immer höher werden, werden auch immer weniger Pendler die Fähre nutzen, ist ihre Sorge. Die Gruppe um Boy Friedrich und Gudrun Schitteck fürchtet zudem, dass der Wegfall der Fahrrad-Abos ein Vorbote von Schlimmerem sein könnte und eines Tages die gesamte Fähre auf den Prüfstand kommt.

Das wäre dann allerdings nicht das erste Mal, denn 1998 und zuletzt 2005 hatten die Cranzer ähnliche Sorgen. Unter anderem hatte sich der damalige Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion Ole von Beust 1998 für die Fähre eingesetzt und sie als hamburgische Tradition und unverzichtbar für den Tourismus der Stadt bezeichnet.

"Wir haben im Moment nicht die Absicht, irgendetwas an dieser Linie zu verändern", versucht Gabriele Müller-Remer die Cranzer zu beruhigen. 2005 sei die Hadag sehr auf die Bürger zugekommen, indem sie erlaubte, dass HVV-Zeit- und Einzelkarten unter der Woche gültig sind. Was das Aus des Fahrrad-Abos angeht, rät sie dazu, "lieber den Ball flach zu halten". Ansonsten könnte es passieren, dass am Ende die gesamte Linie doch auf den Prüfstand komme. Die Fähren seien die einzigen Verkehrsmittel in Hamburg, auf denen ohne Ausnahme rund um die Uhr Räder mitgenommen werden dürften, sagt sie. Genaue Zahlen zu den Kosten sowie zu den Fahrgästen will die Hadag-Chefin zwar nicht nennen. Nur so viel macht sie klar: Die Elbfähre wird zu wenig genutzt. Und ein Plus fährt die Hadag durch den Betrieb ebenfalls nicht ein.