Betrüger fischen im Internet die Bankdaten einer 29-Jährigen aus dem Landkreis Rotenburg ab

Harburg. Kurzentschlossene können noch bis heute um 18 Uhr beim größten deutschen Internethändler versandkostenfrei bestellen, ohne an Heiligabend mit leeren Händen dazustehen. Spontaneität ist aber nur bei der Auswahl der Artikel bei Amazon und Co ratsam. "Käufer sollten unbedingt sichere Zahlungsmethoden wählen", sagt Nikolaus Lindner, Experte für Verbraucherrechte beim Online-Auktionshaus Ebay in Deutschland.

Für die Opfer der 12 746 Betrugsfälle in der Region im vorigen Jahr kommen solche Warnungen zu spät. Anfang des Monats traf es beispielsweise eine 29-Jährige aus Zeven. Beim Bezahlen einer Rechnung öffnete sich plötzlich ein Fenster, in dem sie nach einer Transaktionsnummer fürs Onlinebanking gefragt wurde. Die junge Frau gab den persönlichen Code zur Identifizierung ein und stellte am nächsten Tag fest, dass Geld von ihrem Konto ins Ausland überwiesen wurde.

"Die Ermittlungen in diesem Fall laufen noch", sagt Detlev Kaldinski, Sprecher der Polizeiinspektion Rotenburg. "Aber in der Regel ist das Geld in einem solchen Fall weg." Die Täter verwischen ihre Spuren teilweise über Finanzagenten. "Die Chancen, sie zu finden, sind generell eher gering." Der Polizist setzt daher auf Prävention. Er beschreibt auf der Internetseite der Polizeiinspektion regelmäßig, wie bekannt gewordene Taten abgelaufen sind. "Der Stoff dafür geht mir wohl nie aus."

"Die Täter werden immer geschickter", sagt Kaldinski. "Ein ganz neues Phänomen ist, dass die bisher als sicher geltenden 'mobil-TANs' geknackt werden können." Bei diesem Verfahren schicken Banken ihren Kunden gültige Transaktionsnummern aufs Handy. Kaldinski empfiehlt: "In Zweifelsfällen sollte man die jeweilige Transaktion auf jeden Fall abbrechen." Besonders häufig gibt es Cyber-Attacken auf Software des Marktführers Microsoft.

"Wir fordern Computernutzer auf, immer aktuelle Anti-Viren-Programme und eine funktionsfähige Firewall zu benutzen", erklärt Kaldinski. Außerdem empfiehlt er, die jeweils aktuelle Version des Browsers zu verwenden und Updates für das Betriebssystem herunterzuladen. "Auf diese Weise wird es Betrügern schwer gemacht, in das System einzudringen."

"Nachlässigkeit im Internet ist eine Einladung an Betrüger - ähnlich wie ein auf Kipp stehendes Fenster für Einbrecher", zieht Kaldinski einen Vergleich aus dem Polizeialltag heran. Und die Zahl potenzieller Opfer steigt: Für 2011 prognostiziert der Bundesverband des Deutschen Versandhandels, dass der Online-Handel um 15 Prozent zulegt. Kaldinski: "Unser Betrugskommissariat ist inzwischen größer als das für Einbrüche und Raubdiebstähle."

Die Kriminalstatistik registrierte 2010 bundesweit 107 456 Fälle von "Waren- und Warenkreditbetrug" mit Maus und Tastatur statt Brechstange und Waffe. "Konventionelle Kriminalitätsphänomene verlagern sich aus der realen in die digitale Welt", sagte Friedrich Niehörster, Präsident der Polizeidirektion Lüneburg, bei der Vorstellung der regionalen Statistik. "Die Gefahr liegt darin, dass solche Taten anonymer begangen werden können."