Eine Glosse von Martin Jäschke

Es ist Winter und sie tun es im Bus oder im Zug, im Uni-Hörsaal oder bei der Arbeit. Fast überall, wo sich mehrere Menschen eine Zeit lang gemeinsam niederlassen, ist in den Wochen um Weihnachten herum meist genau einer dabei, der irgendwann in seiner Tasche oder Tupperdose wühlt und eine orangefarbene, kleine Südfrucht hervorholt. Eine Mandarine. Und dann wird hingebungsvoll gepellt!

Und spätestens dann wissen alle, die sich im selben Luftraum befinden: Hier wird irgendwo eine Mandarine gepellt. Denn, was viele nicht wissen, wir aber alle ahnten: Mandarinen besitzen die faszinierende physikalische Eigenschaft, bei minimaler Beschädigung der Außenschale ihr unignorierbares Zitrusfrucht-Aroma binnen weniger Hundertstelsekunden auf locker 5000 Kubikmetern omnipräsent zu verteilen (es handelt sich hier selbstverständlich nur um grobe Richtwerte).

An ihre Mitmenschen scheinen öffentliche Mandarinenpeller dabei hingegen selten zu denken. "Aber Mandarinen riechen doch lecker", würden sie wohl sagen, wiese man sie auf ihr Verhalten hin.

Aber könnte es nicht sein, dass ich, im selben Luftraum befindlich, gerade mal keine Mandarine riechen möchte? Oder dass ich gar keine Mandarinen mag? Oder dass ich - und bezeichnen Sie mich an dieser Stelle gerne als kleinlich - ungern die Pflanzenschutzmittelpartikel der gespritzten Discounter-Clementine meines Sitznachbarn in mich aufnehmen möchte? Um all das scheinen sich öffentliche Mandarinenpeller in der Regel aber nicht zu scheren.

Auch ich mag bisweilen Mandarinen. Und darum bin ich noch einmal gnädig und appelliere hiermit an alle Mandarinen essende Menschen: Bitte, nehmt Rücksicht und esst euer Pellobst zu Hause. Bevor irgendwann an Bahnhöfen orangefarbene Mandarinen-Verzehrbereiche aufgemalt werden müssen.