Kupferklau richtet im Landkreis Harburg immer höhere Schäden an. Schrotthändler können Diebesgut nicht von legaler Ware unterscheiden.

Buchholz/Lüneburg. Manchen Dieben ist nichts mehr heilig. Pastor Wolfgang Heitmann hat den Glauben an das Gute im Menschen zwar noch nicht verloren. Doch Verständnis hat er ganz und gar nicht für die Unbekannten, die Ende November Kupferfallrohre mit einer Länge von zehn Metern von der Außenfassade der evangelisch-lutherischen Kirche in Bendestorf abmontiert haben.

"Das ist Diebstahl", sagt Pastor Heitmann. Das sahen die Sachbearbeiter der Gebäudeversicherung der Kirchengemeinde jedoch anders. Sie erkannten das Wegreißen des per angeschraubter Schelle mit der Klinkerwand verbundenen Metallteils zwar als Straftat an. Auf dem "Vandalismusschaden" in Höhe von etwa 1000 Euro bleibt die Kirchengemeinde aber sitzen. "Wir werden die Rohre jetzt besser verschweißen", sagt Heitmann.

Bei einem Kilogrammpreis von derzeit 4,20 Euro bringen zwei Kupferrohre etwa 25 Euro bei Schrotthändlern in der Region. Für das begehrte Millberry-Kupfer zahlt der Eisenhandel 4,70 Euro pro Kilogramm. Aus diesem sortenreinen Metall bestehen die Leitungen in Windkraftanlagen. Im Nordosten Deutschlands stehlen Diebe deshalb vermehrt die Leitungen aus den einsam in der Landschaft stehenden Trafohäuschen. Windparks im Süden Hamburgs blieben nach Angaben eines Sprechers des Energiekonzerns Vattenfall davon bislang verschont.

Das Problem der Ermittler: Selbst die Schrotthändler können Diebesgut in der Regel nicht von legaler Ware unterscheiden. "Sie leben davon, dass viele Menschen ihnen Altmetalle bringen", sagt Jan Krüger, Sprecher der Polizei im Landkreis Harburg. Bei kleinen Mengen sei es den Händlern nicht zuzumuten, mit dem Vorbesitzer Kontakt aufzunehmen. Hellhörig sollten sie aber werden, wenn ihnen eine Wagenladung mit jeweils 50 Kilo schweren Gullydeckeln angeboten wird.

Die Metalldiebe agieren mit ihren häufig als Servicewagen von Handwerksbetrieben getarnten Transportern im Landkreis Harburg teilweise in kleinen Gruppen, sagt Jan Krüger. "Manche Gauner bestreiten ihren Lebensunterhalt durch Kupferklau", so der Polizeisprecher. Hinweise auf Diebestouren organisierter Banden im großen Stil habe die regional zuständige Polizei nicht.

Im Landkreis Harburg ist die Zahl der Diebstähle von Buntmetallen in diesem Jahr nach Angaben der Polizei um 40 Prozent gestiegen. Unter den rund 200 Delikten finden sich mehrere Diebstähle an Kirchen. Nicht nur in Bendestorf, auch in Winsen und Salzhausen suchten Kriminelle Gotteshäuser heim. Seit zwei Jahren häuften sich solche Fälle, heißt es dazu beim Kirchenkreisamt in Winsen.

Vor Diebstählen auf den Friedhöfen im Landkreis Harburg schrecken die Täter bislang zurück. Das Kirchenkreisamt, das die Kirchenkreise Hittfeld und Winsen sowie die Gemeinden Seevetal und Neu Wulmstorf umfasst, sieht seine Gottesäcker verschont. Nur gelegentlich, so Polizeisprecher Jan Krüger, würden Bronzeflügel von den Grabsteinen abgebrochen.

Den Rückgang in der Kriminalstatistik erklärt sich Richter auch mit der Präventionsarbeit der Beamten bei Betrieben in Nordostniedersachsen. Vor allem eine gute Beleuchtung und massive Sicherheitszäune schrecken Diebe ab. So erklärt es sich zumindest Egbert Meyer-Lovis, Sprecher der Deutschen Bahn AG, dass vom größten Rangierbahnhof Europas in Maschen sehr wenig gestohlen wird.

"Unbewachte Baustellen und Anlagen in ländlichen Gegenden sind besonders gefährdet", sagt Meyer-Lovis. In Hamburg sei die Zahl der Metalldiebstahlsfälle von Januar bis September 2011 gegenüber dem Vorjahreszeitraum von elf auf 13 gestiegen, in Niedersachsen von 184 auf 220.

Das ehemalige Staatsunternehmen ist der größte Leidtragende des in den vergangenen drei Jahren stark gestiegenen Kupferkurses auf dem Weltmarkt und bei Kriminellen in der Region. Meist sind es aber immer noch Regenfallrohre, die Buntmetalldiebe südlich von Hamburg stehlen. Zwei Halterungen herausreißen oder abschrauben, einen Bügel umschlagen und das Rohr herausziehen - so leicht lässt sich ein Fallrohr stehlen.

Mehrere Tausend Euro Schaden hätten Kupferdiebe allein im Jahr 2010 an Gebäuden der Gemeinde Neu Wulmstorf angerichtet, sagt der Erste Gemeinderat Jörg Schröder. Zweimal stahlen Unbekannte Leitungen an der Hauptschule. Am Rathaus fehlten eines Morgens die Fallrohre.

Die Kupferdiebe schlagen aber nicht nur häufiger zu, sondern auch immer rabiater: Im September plünderten Unbekannte den Rohbau eines Bürogebäudes im Buchholzer Gewerbegebiet. Kurz nachdem Handwerker die Rohre für die Fußbodenheizung verlegt hatten, rissen Diebe sie wieder heraus.