Das Gericht verlangt Nachbesserungen bei der Planung der 440 Kilometer langen Erdgaspipeline. E-on stellt eine mögliche Alternative vor.

Hittfeld. Fast ein halbes Jahr hat sich E-on Zeit gelassen, um auf den vom Oberverwaltungsgericht (OVG) verhängten Baustopp für die Nordeuropäische Erdgaspipeline (NEL) zu reagieren. Durch die Pipeline sollte ursprünglich ab 2012 jährlich 21,8 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Westeuropa strömen. Die neue Erdgasleitung verläuft von Lubmin bei Greifswald über eine Länge von 440 Kilometern an Schwerin und Hamburg vorbei durch den Landkreis Harburg bis Rehden, südlich von Bremen. Hier wird ein Zwischenlager für das Erdgas eingerichtet.

Die Lüneburger Richter hatten damit auf die Beschwerden von Bürgern aus Stelle und Winsen reagiert, an dessen Häusern die neue Pipeline vorbeigeführt werden sollte. Der Abstand zur Wohnbebauung betrug in der alten Trasse teilweise gerade mal 100 Meter. Wie berichtet, wollte E-on die Pipeline sogar quer unter dem Schulhof der Ashausener Grundschule verlegen. Der OVG-Beschluss war auch eine Watsche für das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie. Denn das Landesamt hatte den Bau der Leitung nach eingehender Prüfung genehmigt.

Jetzt legt E-on eine mögliche Alternativ-Trasse vor, die schon bei der Trassenplanung konzernintern diskutierte "Südvariante". Sie würde das Essener Unternehmen rund 80 Millionen Euro kosten. Die Alternativtrasse umläuft die Stadt Winsen und die Gemeinde Stelle im Süden. Und auch die Gemeinde Seevetal, ebenfalls von der vom OVG kassierten alten Trasse tangiert, profitiert von der Verlegung. Auch um große Teile Seevetals macht die neue Trasse im Süden einen Bogen.

Die Freude über die jetzt vorgelegte Trasse hält sich in den drei Kommunen zwar in Grenzen, dennoch ist man in Stelle, Seevetal und Winsen erleichtert. "Die Alternativtrasse ist nicht so schlimm, wie die ursprüngliche Trasse. Unter anderem sollte die alte Trasse ja durch den Buchwedel führen, auch die geplante Querung der Seeve war nicht in unserem Sinn, weil wenig ökologisch. Die neue Trasse berührt unser Gebet nur noch peripher und hält, soweit wir das jetzt beurteilen können, einen Mindestabstand von 350 Metern zur Wohnbebauung. Das hatten die Richter gefordert", so Seevetals Sprecher Andreas Schmidt. Die Alternativtrasse würde lediglich den Ortsteil Holtorfsloh tangieren.

Winsens Bürgermeister André Wiese (CDU): "Man wird sich diese Südvariante im einzelnen gründlich anschauen müssen, wenn die Betreiberunternehmen sich für die Realisierung dieser Alternative entscheiden und das dafür notwendige förmliche Verfahren eingeleitet wird." Ein neues Planfeststellungsverfahren, mit all seinen Verfahrensschritten, das rund zwei Jahre dauern kann, möchte E-on möglichst umgehen. Denn ein solches Verfahren, bei dem dann auch die Träger öffentlicher Belange genauso wie die betroffenen Bürger wieder ihre Einwendungen einreichen könnten, kostet Zeit und Geld. "Wir halten nach wie vor die Ursprungstrasse für sinnvoll, und sind noch in Verhandlung mit denen, die Bedenken gegen sie haben", sagt Helmut Roloff, Sprecher von E-on. Er könne in Teilen nachvollziehen, dass die Menschen vor Ort bei der Ursprungstrasse ein "mulmiges Gefühl" hätten. Das Unternehmen biete ihnen daher besondere Sicherheitsvorkehrungen, wie eine Spezialummantelung oder das Tieferlegen der Pipeline an.

Gegebenenfalls müsste für die Umtrassierung durch den Landkreis Harburg, die insgesamt dann 40 Kilometer lang wäre, die "raumordnerische Verträglichkeit noch einmal gesondert überprüft werden", gibt Winsens Bürgermeister Wiese zu bedenken. Seine Stadt jedenfalls, so Wiese, werde "jedes weitere Verfahren kritisch begleiten". Kritisch begleiten wird auch die Gemeinde Seevetal die Pläne von E-on. "Für uns stellen sich bei der Alternativtrasse zwei Fragen. Wie wird die Querung der Seeve gelöst, und wo wird jetzt die Schieberstation eingebaut?", so Andreas Schmidt. An diesen Schieberstationen können die Erdgasmengen reguliert werden.

E-on hofft darauf, wenn denn die neue Südtrasse ins Planfeststellungsverfahren gehen soll, dass der Feststellungsbeschluss noch vor Ablauf der anvisierten zwei Jahre gefällt wird. Nicht nur die Zeit drängt, auch wenn es praktisch kaum zu erwarten steht, theoretisch könnte das ganze Verfahren für E-on negativ ausgehen. Dann hätte das Versorgungsunternehmen eine Pipeline, die an westlicher und östlicher Landkreis-Grenze aufhört. Denn wenn die Bürger sich nicht auf die Angebote von E-on einlassen und die Südtrasse ins Verfahren geht, dann sollen die Arbeiten für die Pipeline dennoch nicht stagnieren. Roloff: "Dann bauen wir von Osten und Westen an den Landkreis heran, und schließen die Lücke, sobald wir den Beschluss haben."