Amtsgericht kann Sonja P. und Marcus R. keinen Betrug über 250 000 Euro nachweisen

Winsen. Sonja P., 33, und Marcus R., 42, verziehen keine Miene im Amtsgericht Winsen, obwohl die Worte des Richters sie eigentlich sehr glücklich stimmen müssten. "Die Angeklagten sind freigesprochen", sagt Dr. Michael Herrmann. "Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse."

Damit ist nach drei Verhandlungstagen ein ungewöhnlicher Prozess in Winsen zu Ende gegangen. Es ging um versuchten Betrug und Urkundenfälschung. Die Programmiererin Sonja P. aus Artlenburg und der freie Finanzmakler Marcus R. aus Salzhausen hätten versucht, die Münchener WWK Lebensversicherung zu täuschen. Es ging um den Abschluss einer Risikolebensversicherung über eine viertel Million Euro zwei Wochen vor dem Tod von Sonja P.s Mann Jörg, 45, der am 1. April 2010 im Krankenhaus starb, nachdem er bei Baumfällarbeiten verunglückt war. Die WWK hatte gesagt, der Originalantrag der Versicherung sei nie eingegangen. Und dass die Unterschrift von Jörg P. der des Finanzmaklers Marcus R. ähnele. Zudem habe das Beratungsprotokoll, das erst drei Monate nach dem Tod einging, eine falsche Maklernummer gehabt.

"Die Indizien lassen eine Täterschaft als möglich erscheinen, sie reichen aber für eine richterliche Überzeugungsbildung nicht aus", sagte Amtsrichter Herrmann. Scharfe Kritik übte er an den Salzhausener Polizeibeamten K. und R. Sie sollten den Laptop des Angeklagten am 17. August 2010 sicherstellen, verzichteten aber darauf, weil der Finanzmakler sonst nicht mehr hätte arbeiten können. "Damit haben sie die Anweisungen der Staatsanwaltschaft nicht ausgeführt", monierte der Richter. "Keine Einzelverbindungsnachweise, kein Notebook - klare Beweise haben wir nicht."

Das Gericht, so der Richter, habe "nur Indizien und keine überzeugende Motivlage." Zwar sei der Hof von Jörg P. mit rund 200 000 Euro und das gemeinsame Haus in Echem mit 147 000 Euro belastet gewesen. Aber Sonja P. hatte das Hoferbe ausgeschlagen und "konnte die Verbindlichkeiten aus ihrem Einkommen bestreiten", so der Richter. Sonja P. hatte ein Nettoeinkommen von 3300 Euro angegeben. Sie sei die Haupternährerin gewesen. Sie war und ist eine freie Frau.