Neuwiedenthaler Gewalttat steht möglicherweise kurz vor der Aufklärung

Harburg. Der mutmaßliche S-Bahn-Schläger von Neuwiedenthal hat sich in der Nacht zum Mittwoch beim Hamburger Landeskriminalamt gemeldet. "Der 19-Jährige erschien in Begleitung seiner Eltern im Polizeipräsidium und gab an, die gesuchte Person auf den Bildern der Überwachungskamera zu sein", sagt Holger Vehren, Sprecher der Polizei Hamburg. "Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurde der Heranwachsende wieder entlassen, da keine Haftgründe gegen den jungen Mann vorliegen."

Wie berichtet, hatten sich die Ermittler der Kripoabteilung im Polizeikommissariat Neugraben mit dem Foto eines Tatverdächtigen an die Öffentlichkeit gewandt. Das Bild stammt von einer Überwachungskamera auf dem S-Bahnhof Neuwiedenthal. Dort war ein 18-Jähriger am Abend des 2. September krankenhausreif geschlagen worden. Er war zufällig Zeuge eines Streits zwischen einem etwa 18 bis 20 Jahre alten Mann und dessen Freundin.

Der Unbekannte war unvermittelt auf den unbeteiligten 18-Jährigen losgegangen. Er schlug ihm mit der Faust auf die Nase und den Mund. Auch als das Gewaltopfer bereits am Boden lag, trat der Täter mehrmals mit dem Fuß gegen den Kopf des 18-Jährigen. Der junge Mann erlitt durch die Schläge und Tritte ein Schädel-Hirn-Trauma. Die Verletzungen waren so schwer, dass er stationär behandelt werden musste. "Er konnte das Krankenhaus jedoch inzwischen wieder verlassen", sagt Polizeisprecher Holger Vehren.

Ob der am Dienstagabend bei den Polizisten in Alsterdorf erschienene 19-Jährige als Täter in Frage kommt, steht nach Angaben der Ermittler noch nicht fest. "Zu den damaligen Geschehnissen auf dem Neuwiedenthaler Bahnsteig machte er noch keine Angaben", sagt Vehren. Den jungen Mann erwartet nun eine Vorladung.

Der Tatverdächtige stammt aus Neuwiedenthal und war den Beamten im Hamburger Süden nicht als gewaltbereiter Straftäter bekannt. Bevor die Polizei mit dem Foto der Überwachungskamera an die Öffentlichkeit gegangen war, wurde "intern gefahndet". Das heißt, allen mit Gewaltdelikten junger Täter befassten Ermittlern wurde das Bild des Unbekannten gezeigt. Keiner von ihnen erkannte den Gesuchten, der nur wegen geringer Straftaten im Jugendalter aufgefallen war. Da es aber nie zu einem Verfahren gegen ihn gekommen sei, gab es keine Fotos von ihm im Archiv der Polizei.

Örtlich konzentrierte sich die Fahndung zunächst auf Neuwiedenthal. Der Stadtteil war nach einem brutalen Angriff auf Polizisten im Juni 2010 zum Synonym für Jugendgewalt geworden. Ende September sprach das Hamburger Landgericht die mutmaßlichen Haupttäter, Amor S., 32, und Avni A., 25, aus Mangel an Beweisen frei. Nach Angaben der Polizei haben weder der 19 Jahre alte Tatverdächtige im aktuellen Fall, noch das ein Jahr jüngere Gewaltopfer, einen Migrationshintergrund.