Vor der Wahl des neuen Harburger Bezirksamtsleiters liefern sich Fraktionsspitzen heftigen Schlagabtausch

Harburg. Zu seiner Abwahl und der Neuwahl von Thomas Völsch hatte Harburgs noch amtierender Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg den großen Sitzungssaal im Rathaus verlassen. Das für ihn unerträgliche Geschehen im Saal wollte er nicht miterleben, und anschließend hatte er sich einen Tag frei genommen. Der Sozialdemokrat Thomas Völsch wurde - wie vom Abendblatt gestern berichtet - mit 28 Ja-Stimmen in einer Sondersitzung der Bezirksversammlung gewählt. Voraussichtlich im Laufe der kommenden zwei Wochen wird er vom Hamburger Senat die offizielle Bestellungsurkunde erhalten. Völsch selbst rechnet mit einem glatten Schnitt und Übernahme des Bezirksamtsleiterpostens zum Beginn des neuen Jahres. Er möchte als Vorgesetzter alle seine gut 800 Mitarbeiter in nächster Zeit kennenlernen.

In der von der SPD beantragten Sondersitzung der Bezirksversammlung gab es im Vorfeld der Wahl noch einen heftigen Schlagabtausch der Fraktionsspitzen von SPD, CDU, GAL, Linke und FDP. Für die FDP war Carsten Schuster ans Mikrofon getreten und ließ kein gutes Haar an der Leistung des bisherigen Bezirksamtsleiters. Er beendete seine Ausführungen mit den Worten: "Wir stimmen für Meinbergs Abwahl und unterstützen die Wahl von Thomas Völsch. Herr Völsch, die FDP-Fraktion schenkt ihnen heute das Vertrauen." Nach der geheimen Wahl stellten sich dann aber Ungereimtheiten heraus, denn die FDP zählt insgesamt drei Abgeordnete und zusammen mit den 26 Abgeordneten der SPD hätten 29 Ja-Stimmen für Völsch vorliegen müssen. Es waren aber nur 28. Und der eine Abweichler aus FDP oder SPD hat sich auch nicht enthalten sondern für Meinberg gestimmt. 23 Stimmen gingen an Meinberg, davon 14 von der CDU, fünf von der GAL, drei von den Linken und dazu die eine Abweichlerstimme.

Während SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath die fachliche Kompetenz von Thomas Völsch würdigte, mit Verwaltungsstudium sowie Tätigkeiten beim Landesrechnungshof, dem Bezirksamt Eimsbüttel und derzeit noch Referatsleiter "Betriebswirtschaft und Beteiligungen" in der Schulbehörde, hielt CDU-Fraktionschef Ralf Dieter Fischer die höhere juristische Ausbildungsstufe Meinbergs als Rechtsanwalt und Notar entgegen. Fischer würdigte auch die von Meinberg in siebenjähriger Amtszeit erbrachten Leistungen, darunter Sanierung des Phoenix Viertels mit Bau des Bildungs- und Gemeinschaftszentrums "Feuervogel" - oder auch die Entwicklung des Binnenhafens mit Übernahme der Schlossinsel.

Fischer fuhr auch schweres Geschütz gegen den FDP-Mann Carsten Schuster auf, der die SPD-Unterstützung angekündigt hatte. "Sie sind damit Wegbereiter eines neuen roten Filzes", schimpfte Fischer und hob ein vor zehn Jahren von der FDP verbreitetes rotes Filztuch empor, auf das die damaligen sozialdemokratischen Verflechtungen in der Hamburger Verwaltung gedruckt waren. Und in Anspielung an die SPD/FDP-Koalition in den 1980er-Jahren in Hamburg sagte Fischer, dass damals keine projekt- sondern personenbezogenen Bebauungspläne verabschiedet wurden und wies auf das Harburg Center und den Schmuddeltunnel hin, worunter Harburg noch heute leide.

Ronald Preuß, GAL, machte deutlich, dass die SPD keine glaubwürdige Begründung zum Vertrauensverlust gegen Meinberg vorbringen konnte. Und Klaus Lübberstedt (Linke) betonte, dass sich Meinberg nichts zu Schulden kommen ließ und Völsch auch von unten nach oben verteilen wolle und damit nicht der bessere Mann sei.