Für 620 000 Euro entsteht am Freilichtmuseum am Kiekeberg ein “Landwirtschaftlicher Entdeckergarten“ mit Stellplätzen für die Autos.

Ehestorf. Wenn die Besucher des Freilichtmuseums am Kiekeberg Anfang Mai kommenden Jahres aus ihren Autos steigen, sehen sie Kirsch- und Apfelbäume, begegnen dort seltenen, weil vom Aussterben bedrohten Landbewohnern wie Bentheimer Landschafen oder dem Schwarzbunten Niederungsvieh. "Landwirtschaftlicher Entdeckergarten" heißt die 40 000 Quadratmeter große, künstlich geschaffene Landidylle wie aus dem Bilderbuch, einer der ungewöhnlichsten Parkplätze Deutschlands.

Bei einer Begehung der Baustelle, die Ersatz für ein Richtfest sein sollte, hat Projektleiterin Carina Meyer gestern das Konzept vorgestellt. Rosengartens Gemeindebürgermeister Dietmar Stadie und der Fördervereinsvorsitzende des Museums, Heiner Schönecke, pflanzten im tristen Novembergrau den ersten Kirschbaum. Feierliche Eröffnung wird laut Museumsdirektor Rolf Wiese im Sommer 2012 sein. Besucher werden den Parkplatz schon früher nutzen können, voraussichtlich mit der Eröffnung des Erlebniscenters Agrarium am 4. Mai. Bis die Bäume Früchte tragen, dürften dann noch einmal drei Jahre vergehen.

131 Fahrzeuge finden auf Schotterasenfläche ständig Platz im Entdeckergarten. Werden die Tiergehege geräumt, finden an Großveranstaltungstagen, etwa während der beiden Pflanzenmärkte im Jahr, bis zu 570 Autos Platz. Das Freilichtmuseum schafft so die Infrastruktur für die erwarteten zusätzlichen Besucher mit Eröffnung des Agrariums.

Parkplatz? Mit einem so schnöden Begriff setzt Projektleiterin Carina Meyer das neue Entree des Freilichtmuseums nur ungern in Verbindung. Wer hier aussteigt, steht mitten in einer Art Freiluft-Erlebniscenter für Obstbau, Viehzucht und Ackerbau. Die vier Hektar, um die sich das Museum vergrößert, böten eine Menge Platz für museumspädagogische Aktionen, sagt Rolf Wiese. Ein 5000 Quadratmeter großes "Freiluftklassenzimmer" ist vorgesehen. Das sind Ackerflächen für Schüler, die Kartoffeln, Mais oder Kohl pflanzen und entdecken, woher ihre Lebensmittel überhaupt stammen.

"Der Entdeckergarten mit dem Museum ist das schönste Eingangstor in den Landkreis Harburg", schwärmt Heiner Schönecke. 314 Obstbäume mit Äpfeln, Birnen und Kirschen werden in d besonderen Garten stehen. Alte, in Vergessenheit geratende Sorten aus der Region, die heute im Handel keine Rolle spielen, werden gepflanzt. So soll ein Genarchiv zur Erhaltung der biologischen Vielfalt geschaffen werden. Obstbauern und Sortenentwickler können darauf zurückgreifen.

Die Pflege und Ernte übernehmen Menschen mit Behinderung von der Lebenshilfe-Gruppe des Museumsbauernhofs Wennerstorf. Fördervereinsmitglieder des Museums sollen Patenschaften für die Bäume übernehmen.

Erster Kreisrat Rainer Rempe hält das Konzept für zukunftsweisend. "Davon werden sich andere eine Scheibe abschneiden", sagt er. Das dürfte zutreffen, denn der Entdeckergarten gilt als pfiffiges Konzept, Parkraum bezuschusst zu bekommen.

620 000 Euro kostet der Bio-Parkplatz mit Erlebniswert. Eigentümer ist der Landkreis Harburg, der das Grundstück gekauft und dem Freilichtmuseum kostenfrei zur Verfügung stellt. Den Kaufpreis nennt der Landkreis nicht. Förderer des Entdeckergartens sind die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Niedersächsische Bingostiftung für Umwelt und Entwicklungszusammenarbeit, der Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg, die Klosterkammer Hannover, das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung sowie die Gemeinde Rosengarten.

Rosengartens Bürgermeister Dietmar Stadie (SPD) hätte gern eine zusätzliche Nutzungsmöglichkeit im Entdeckergarten. "Es wäre schön, wenn die Dorfjugend hier Eislaufen könnte." Das Entwässerungsbecken oder Querteiche käme dafür infrage. Die Eislauf-Idee unterstützt auch der neu gewählte Ehestorfer Ortsrat.

Eine Antwort blieb bei der Ortsbegehung aus. Planer und Landschaftsbauer machten aber ihre Skepsis deutlich. Eigentlich, betonten sie, solle aus dem Entwässerungsbecken ja Wasser abfließen und nicht darin gestaut werden. So sei es auch konstruiert. Die Freiwillige Feuerwehr müsste schon eine Menge Wasser hineinpumpen, damit sich überhaupt eine zur Schlittschuhbahn geeignete Eisfläche bilden könne.