Eine Glosse von Lutz Kastendieck

Das Gelbe vom Ei ist auch nicht mehr das, was es mal war. Jedenfalls nicht im Überraschungsei. Dem entschlüpften jahrelang putzige Figuren, zumeist in Form von Tieren: Törtels, Hippos, Crocos, Pingos, Frogs. Oder es ergossen sich diverse Einzelteile, die erst noch zusammengefügt werden mussten. Zu mehr oder weniger sinnvollen Spielzeugen von überschaubarer Haltbarkeit.

Doch leben wir inzwischen ja in äußerst bewegten Zeiten. Das hat auch Ferrero, die italienischstämmige Hüftgoldschmiede, erkannt. Denn was prökelte mein Sohn jüngst aus der dünnen Schokohülle seines Ü-Eis? Einen Miniporsche! Das ist doch mal wirklich überraschend, dachte ich. Zumal der Miniflitzer, der das zeitlos schöne Design der ausgewachsenen Exemplare allenfalls erahnen lässt, Teil einer "Sonderedition" ist, die gleich vier Modelle umfasst.

Läuft der Absatz neuerdings so schleppend, dass die Schwaben jetzt sogar jenseits der Zielgruppe nach potenziellen Käufern Ausschau halten? Egal, man kann ja trotzdem, quasi prophylaktisch, schon mal Bedürfnisse wecken, die der kleine Mensch eigentlich (noch) gar nicht hat. Dass der Schritt vom kleinen Spielzeugauto zum echten Porsche ein ziemlich großer ist, kann er ja nicht wissen.

Bei meinem fünfjährigen Sohn hat es jedenfalls schon mal funktioniert. Wer so ein Auto fahre, der habe doch richtig Glück, ließ er wissen. Weil ein Porsche doch schick sei - und vor allem superschnell. Deshalb wolle er später auch... - na, sie wissen schon.

Nur gut, dass Ferrero keine Ferraris für seine Ü-Eier geschrumpft hat, was rein phonetisch viel besser gewesen wäre. Da lob ich mir doch mein Töchterchen. Die hatte auch einen Porsche freigelegt, ihn aber gleich in die Ecke gefeuert und geblökt: "Ich will'n Filly-Pferdchen." Nur ein PS, wie bescheiden. Allerdings ist die junge Dame auch erst drei Jahre alt.