Die Bürger finden den 75 Meter hohen Hotelbau mit stromerzeugender Windturbine im Dach zwar schick, lehnen aber den Standort ab.

Harburg. Wenn alles glatt geht, könnte tatsächlich in knapp drei Jahren auf dem ehemaligen Gelände der New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie (NYH) ein gut 75 Meter hoher Hotel- und Büroturm stehen, in dessen Spitze sich eine Windturbine dreht und Strom erzeugt. Dieses Gebäude soll das weithin sichtbare Aushängeschild des neuen Gewerbeparks EcoCity an Hannoverscher Straße, Neuländer Straße und Nartenstraße werden. Oberstes Ziel des in München ansässigen Investors und seiner Projektplaner aus der Schweiz, tec architecture, ist eine größtmögliche Selbstversorgung des Gewerbeparks mit Strom und Wärme durch Windkraft, Photovoltaik und Solarenergie. Das soll künftigen Mietern geringe Nebenkosten bescheren.

Was alles auf dem Industriegelände der ehemaligen NYH Gummikamm-Fabrik geschehen soll, war am Donnerstagabend Thema einer öffentlichen Diskussion, zu der Bürger vom Harburger Stadtplanungsausschuss ins Rathaus eingeladen worden waren. Entsprechend der geringen Einwohnerdichte des Binnenhafengebiets kamen nur etwa zehn Teilnehmer zu der Informationsveranstaltung, darunter Andreas Behn, Birgit Caumanns, Jürgen Ellermeyer und Fritz Trissler. Und sie alle zeigten sich dem Turmbau, die Rede war von "Windtower", wenig zugeneigt. "Der Tower ist zwar sehr schön, aber er erschlägt das gesamte Ensemble der denkmalgeschützten alten Fabrikgebäude", sagte Andreas Behn. Und Christoph Schwarzkopf aus dem Denkmalschutzamt der Kulturbehörde machte deutlich, dass die Grundlage der Turmplanung der vollständige Erhalt der alten Gebäudesubstanz ist.

Entsprechend geschickt haben die Architekten den Turmbau, der seine Zufahrt beim bisherigen Betriebseingang an der Nartenstraße haben soll, in seinem Sockelgeschoss konstruiert. Mit einem Torbogen umschließt das Hotelhochhaus ein eingeschossiges Industriegebäude. Es soll als künftige Eingangshalle des Hotels genutzt werden.

Die Diskussionsveranstaltung ist als Beginn der offiziellen Planung anzusehen. Mit der Entwicklung des Bebauungsplans "Harburg 68", ist im Auftrag des Investors EcoCity Hamburg-Harburg GmbH & Co KG die Hamburger Stadtplanungsfirma Evers & Küssner befasst. Von einem "vorhabenbezogenen Bebauungsplan" ist die Rede. Das Bezirksamt ist in diesem Fall nicht selbst mit der B-Planentwicklung befasst, führt aber die Aufsicht unter Beteiligung von Stadtplanungsausschuss und Bezirksversammlung. Voraussichtlich noch in diesem Jahr will der Stadtplanungsausschuss die Ergebnisse der Diskussionsveranstaltung bewerten und in einen Bebauungsplanentwurf einfließen lassen. Bereits Anfang kommenden Jahres soll der Entwurf öffentlich zur Stellungnahme der Bürger ausgelegt werden. Sofern nichts dazwischen kommt, wird nach einem Planfeststellungsbeschluss voraussichtlich in etwa einem Jahr mit dem Bau begonnen werden können. Und 2014 könnte der Hotelbau in Betrieb gehen.

Vorgestellt wurde nun auch die von einer Wettbewerbs-Jury ausgewählte Gestaltung der Hochhausfassade. Das Hamburger Architekturbüro störmer, murphy and partner belegte den ersten Platz. Architekt Jan Störmer erklärte, dass auch wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen und deshalb darauf geachtet wurde, dass die Fassade pflegeleicht ist und in Zukunft wenig Kosten verursachen wird. Die senkrecht angebrachten Aluminium Pressprofile würden je nach Betrachtungswinkel unterschiedliche Muster ergeben. Störmer: "Bei einer Reise durch Irland sah ich den Wind über die Kornfelder streichen. Der sich ständig wechselnde Anblick der Oberfläche inspirierte mich." Und zum Standort des Hochhauses inmitten der alten Gebäude sagte er: "Ich finde den Platz einfach sexy. Er sorgt für eine Stärke des Orts. Würde der Turm woanders auf dem Gelände stehen, würde unangenehmer Städtebau erzeugt werden."

Birgit Caumanns hatte den Turm, ebenso wie Andreas Behn, als überdimensioniert bezeichnet. Jürgen Ellermeyer kritisierte den Standort. Ebenso befürchtete Birgit Caumanns Lärmentwicklung durch die Windturbine. Projektentwickler Roland Stavenow sagte, es würden keine Geräusche hörbar sein. Und Carl-Henning von Ladiges, Leiter des Fachamts für Stadt- und Landschaftsplanung machte deutlich, dass es sich hier um ein Industriegebiet handelt und grundsätzlich mehr Geräuschentwicklung zulässig wäre.

Noch ungelöst ist die Nutzung der denkmalgeschützten Gebäude an der Neuländer Straße, ein 200 Meter langer Komplex. Durch Gummiproduktion befinden sich Nitrosamine im Mauerwerk, die als krebserregend eingestuft sind. Ein Parkhaus mit 500 Stellplätzen könnte geschaffen werden. Der Denkmalschutz möchte, dass die Fassaden zur Straßen- wie zur Hofseite stehen bleiben. Innen könnte alles entkernt und neu aufgebaut werden. Außerhalb des Gebäudes könnte eine Spindel mit Zu- und Abfahrten entstehen.

Andreas Behn wünscht noch eine Berechnung des Schattenwurfs, der den zum Treidelweg verlegten Beachclub treffen könnte.