Mein Freund, der Baum. Wohl selten wurde ihm eine so schöne Liebeserklärung gemacht, wie in dem gern zitierten Song der unvergessenen Chansonette Alexandra, die übrigens Anfang der 60er für einige Jahre in Rothenburgsort wohnte.

Als eingeborenen Städtern fällt es uns wohl kaum schwer, die Begeisterung für den Grünträger zu teilen. Vor allem im Sommer schätzen wir ihn als willkommenen Schattenspender. Und, ja, auch als Augenbalsam im oft pflaster- und steinreichen Labyrinth unserer Metropolstraßen.

Aber, seien wir mal ehrlich, spätestens im Herbst mutiert der Freund regelmäßig zum Feind. Dann nämlich, wenn der Baum sein Blätterkleid ab- und uns buchstäblich vor die Füße wirft. Pöbelte doch gerade erst ein besenschwingender Nachbar, der sonst eher für seine ruhige, besonnene Art bekannt ist: "Die Dinger gehören alle umgehauen!" Gemeint waren die Linden, die unsere Straße jetzt in einen gelb-grün-braunen Raschelteppich verwandelt haben.

Doch wie relativiert man so viel Unmut gespeist aus herbstlicher Tristesse? Mit einem Hinweis auf Thailänder und Italiener, die gerade mit ganz anderen Fluten zu kämpfen haben, die manchen Bewohner dort gar das Leben kosten?

Ich entschied mich für die etwas moderatere Variante. Ob der Wüterich nicht wüsste, dass Laubharken eine erstklassige, äußerst effiziente Fitnesseinheit darstelle, warf ich ein. Die noch dazu gänzlich kostenlos sei und überdies auch noch in frischer, klarer Herbstluft zelebriert werden könne. Und wie es wohl wäre, wenn man die schönsten (Blätter-)Exemplare den Kindern zur künstlerischen Veredelung mitnähme.

Das schien ihn überzeugt zu haben. Mit neuem Schwung widmete er sich seinem segensreichen Laubwerk. Nur, dass ich ihm dann unsere zwanzig Meter Fußweg auch noch andiente, fand er gar nicht witzig.