Politiker aus der Region lehnen Straßennutzungsabgabe nicht kategorisch ab

Harburg/Winsen/Lüneburg/Stade. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will die Pkw-Maut einführen, das hat er am Freitagabend im Koalitionsausschuss der Schwesterpartei CDU und der FDP in verschiedenen Varianten vorgestellt hat. Die wütenden Bayern, die in Österreich ein "Pickerl" kaufen und an die Windschutzscheibe kleben müssen, um auf den Straßen des Nachbarn fahren zu dürfen, sind in Norddeutschland weit weg. Die meisten Autofahrer kommen hier nur selten in Länder, in denen sie Maut zahlen müssen. Bisher hat sich nur Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) mit Bayerns Mautplänen solidarisch erklärt. Die Bundestagsabgeordneten im Hamburger Süden lehnen in der Mehrheit die Pläne des Verkehrsministers für eine Straßennutzungsgebühr ab - das ergab eine Abendblatt-Umfrage. Aber auch hier hat die Maut nicht nur Gegner.

Den deutschen Autofahrer schröpfen zu wollen, kann Regierungen stürzen. Das weiß Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und erklärt, es werde keine zusätzliche Belastung der Autofahrer in dieser Legislaturperiode geben. Die endet 2013. Ganz auf der Linie der Kanzlerin liegt der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer aus dem Landkreis Harburg: "Eine Pkw-Maut kommt in dieser Legislaturperiode für mich nicht in Frage", sagt er. In Zukunft aber, fügt er hinzu, könne die Pkw-Maut ein Mittel sein, um die Stabilität der Verkehrsinfrastruktur zu garantieren. So würden sich auch ausländische Verkehrsteilnehmer an den Kosten beteiligen. Grosse-Brömer favorisiert die Vignetten-Lösung als einfach und unbürokratisch. Der CDU-Politiker schlägt vor, die Kosten der Vignette auf die Kfz-Steuer anzurechnen. Denn mehr soll der Autofahrer nicht bezahlen: "Kostenneutralität ist hier wichtig", betont Michael Grosse-Brömer.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhard Pols aus Lüneburg schließt die Einführung einer Pkw-Maut nicht kategorisch aus. Der Bedingungen nennt er: Die durch die Maut erzielten Einnahmen sollten vollends für den Ausbau von Straßen eingesetzt werden. Das will auch Ramsauer, der mit der Formel wirbt: "Von der Straße, für die Straße." Ferner fordert Eckhard Pols im Gegenzug die Entlastung des Autofahrers bei der Kfz-Steuer und dass auch Autofahrer aus dem Ausland die Maut zahlen.

Pols könnte sich eine Pkw-Maut nach dem Vorbild in Österreich vorstellen. Die Vignette sei unbürokratisch, die Jahresgebühr von 76,50 Euro eine "gute Orientierungshöhe".

Der Umweltschutzverband Bund dagegen kritisiert die Vignettenlösung, die sich offenbar abzeichnet, als "Flatrate für Vielfahrer". Unter ökologischen Gesichtspunkten habe die Vignette in einer Studie des Umweltbundesamtes von allen Maut-Modellen am schlechtesten abgeschnitten.

Der Koalitionspartner FDP lehnt eine Pkw-Maut ab. Die Liberalen wollen Steuern senken und keine zusätzlichen Abgaben für die Bürger. "Bereits heute erhält der Staat jedes Jahr mehr als 50 Milliarden Euro an verkehrsbezogenen Steuern und Abgaben. Das muss reichen", lehnt die FDP-Bundestagsabgeordnete Nicole Bracht-Bendt aus Buchholz die Pkw-Maut ab. Sie sehe zwar eine "dramatische Unterfinanzierung" der deutschen Verkehrsinfrastruktur, hält aber eine zusätzliche Beteiligung der Autofahrer an den Kosten nicht für zumutbar. Ihr Lösungsvorschlag: das vorhandene Geld effizienter einsetzen. "Für mich bedeutet das, weniger neu bauen und mehr Mittel für Erhaltungsmaßnahmen." Ihr Parteifreund aus Stade, Serkan Tören, lehnt eine Pkw-Maut ebenfalls ab. Die Maut sei kein geeignetes Mittel, ausländische Autofahrer an den Kosten für das deutsche Straßennetz zu beteiligen, rechnet der FDP-Bundestagsabgeordnete vor. Bei der Einführung einer Maut in Höhe von 76 Euro sei mit Einnahmen von etwa 2,3 Milliarden Euro zu rechnen. Davon entfielen gerade einmal 170 Millionen Euro auf ausländische Autofahrer. "Diese 170 Millionen Euro", so Serkan Tören, "stehen in keinem Verhältnis zum Aufwand, den ein neues Mautsystem bedeutet."

Hans-Ulrich Klose (SPD) spricht sich "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" gegen eine Pkw-Maut aus. Eine überzeugende Lösung sieht er offenbar aber nicht: Gegen die Pkw-Maut spreche, so Klose, dass Autofahrer mit der Kfz- und der Energiesteuer bereits finanzielle Beiträge leiste. Der bürokratische Aufwand würde in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen. Klose führt außerdem an, dass die Abgabe Menschen treffen würde, die aus familiären oder beruflichen Gründen auf ihr Auto angewiesen seien. Der Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin (GAL) aus Harburg hat seine Position bis Redaktionsschluss nicht mitgeteilt.