Matthias Schrenk und Andreas Birnstiel sammeln seit drei Jahren mit skurrilen Wettkämpfen Geld für das Projekt “Viva con Agua“ in Afrika.

Oldendorf/Luhe. Matthias Schrenk wohnt in Oldendorf an der Luhe, leitet als Sozialarbeiter seit rund 15 Jahren das Jugendzentrum in Winsen, ist 2. Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins klick e. V., verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von 13 und 16 Jahren und betreibt zudem mit seiner Ehefrau Susanne in seinem Wohnort einen Kanu-Verleih. Das alles klingt bodenständig, wenig spektakulär oder besonders aufregend. Doch weit gefehlt. Der 46-Jährige befindet sich seit fast drei Jahren in einem ungewöhnlichen, mitunter skurril anmutenden und bis zum 11. November dieses Jahres angesetzten Wettstreit für den guten Zweck mit seinem besten Freund Andreas Birnstiel. Der lebt in Wien.

Die nicht alltägliche Geschichte beginnt im Sommer 1995 - in Hamburg am Millerntor auf St. Pauli. Der damals in Finkenwerder wohnende Matthias Schrenk sieht sich dort gemeinsam mit dem gebürtigen Bayern Andreas Birnstiel, dem Bruder einer Freundin von Schrenks Ehefrau Susanne, den 4:2-Erfolg der Kiez-Kicker am 1. Bundesliga-Spieltag gegen 1860 München an. Die Männer verstehen sich auf Anhieb und treffen sich später immer wieder. Es war der Auftakt zu einer ungewöhnlichen und innigen Freundschaft.

Spaß bringt ihnen vor allem die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen. 2005 und 2006 absolvieren sie gemeinsam den München- bzw. den Hamburg-Marathon. Verbunden werden die Starts mit eigenen ungewöhnlichen Wetteinsätzen. So hilft Birnstiel unentgeltlich drei Wochen lang im Kanu-Verleih in Oldendorf/Luhe aus, nachdem er die angekündigte Verbesserung seiner an sich schon starken Marathon-Zeit von 3:30 Stunden verpasst hatte. Es war sein Jahresurlaub.

"Nach dem zweiten Marathon hatten wir das Gefühl, dass nichts mehr kommt", sagt Schrenk. Bei einem Treffen 2008 sinnieren die beiden bei einigen Gläsern Wein über die Zukunft, das Leben und wahre Freundschaft. "Wir haben uns dabei gefragt, was eigentlich einen guten Menschen ausmacht und wie man das messen kann", sagt der Oldendorfer. Herausgekommen ist ein ungewöhnlicher Wettstreit.

Unter dem selbst gewählten Motto "Auf dem Weg zum besten Menschen der Welt" haben sich die beiden Männer seit dem Start am 11. November 2008 vorgenommen, innerhalb von drei Jahren 40 mitunter ungewöhnliche und originelle Disziplinen zu bestreiten. Für die sind Mut, Kraft, Ausdauer, aber auch Intuition, Kreativität, Hilfsbereitschaft oder Nächstenliebe gefragt. "Alles Attribute, die für uns zu einem guten Menschen gehören", sagt Schrenk überzeugt.

Die beiden Freunde sammeln deshalb bei ihren öffentlichen Aktionen auch Spenden. Die gehen an das Hilfsprojekt "Viva con Agua - sauberes Trinkwasser für Afrika". Mittlerweile sind kurz vor dem Ende des Wettkampfes mehr als 3000 Euro zusammengekommen. "Es ist schon unglaublich, was wir im Laufe der vergangenen drei Jahre an Unterstützung und Hilfsbereitschaft erlebt haben", sagt Matthias Schrenk. Er fügt schmunzelnd an: "Natürlich haben uns viele auch für verrückt erklärt."

Vor allem ihre zehntägige Tour bei der Aufgabe "Wandern ohne Geld" quer durch die Pfalz mit einem roten Kanu auf Rädern im Schlepptau sorgt für Aufsehen. "Da haben wir viel erlebt und kennen gelernt, auch viel über uns selbst erfahren", sagt Schrenk und ergänzt: "Eine Nacht bei Kälte und Regen unter der Brücke ohne Essen zu verbringen, macht nachdenklich." Ein geschenktes Frühstück hat plötzlich eine ganz andere Bedeutung.

Froh sind die beiden, dass ihre Familien den Wettkampf mittragen, sie dort große Unterstützung und Verständnis finden. "Die Wetten nehmen aber schon einen erstaunlich großen Raum und Zeit ein", sagt Schrenks Ehefrau Susanne Heider. Das liegt an den Disziplinen. Die Aufgabe "Postkarten-Schach" (jeder Zug wurde versendet) hat zum Beispiel eineinhalb Jahre gedauert. Er habe vor seinem "Matt" etliche schlaflose Nächte verbracht, sagt Schrenk.

Natürlich sind eher banale sportliche Vergleiche wie "Kickern", "Bogenschießen" oder "Minigolf" im Programm, aber auch echte Herausforderungen wie "Fallschirmspringen" (trotz Höhenangst), "Predigt in der Kirche", "Erlernen einer Fremdsprache", "Triathlon-Teilnahme" oder die vor kurzem erst durch Matthias Schrenk erfolgreich erfüllte Aufgabe "eigenes Konzert geben".

Trotz zahlreicher Proben mit der extra für diese einmalige Nummer gegründeten Band "Die Heulbojen" war der 46-Jährige vor dem Auftritt "tierisch nervös". Verständlich. Als Auftrittsort haben sich die "Heulbojen" mit Matthias Schrenk, Jonathan Wolters, Mathias Hainke, Maximilian Behr und Danny Gottlieb die schwimmende Seebühne auf dem Amelinghausener Lopausee ausgesucht. In Anlehnung an die dort jährlich stattfindende Heideblütenfest-Auftaktveranstaltung "Der See brennt" singt Schrenk unter dem Motto "Der See flennt" ausschließlich Balladen wie den Elvis-Presley-Klassiker "In The Ghetto", Johnny Hills Hit "Ruf Teddybär eins vier" oder den sentimentalen Schlager von Michael Holm "Tränen lügen nicht".

Zur Unterstützung - und "damit es nicht ganz so traurig wird" - holt sich Schrenk die bundesweit für harte Klänge bekannte Party-Band "Rock'n Roll Deputyz" aus Lüneburg dazu. So wird im Wechsel zwei Stunden lang gerockt und "geflennt". Zwischendurch gibt es sogar noch eine Saxofon-Einlage von Amelinghausens Heidekönigin Franziska Kompalka und Bauchtanz-Vorführungen von Oriental Mystique. Mehr als 300 Zuschauer verfolgen das Spektakel am Ufer und im Wasser vor der Bühne in Kanus. Die konnten gegen eine Spende gemietet werden - am Ende kommen knapp 1000 Euro zusammen. "Ohne die tolle unentgeltliche Unterstützung vieler Beteiligten wäre das alles nicht möglich gewesen", sagte Schrenk erfreut.

Er selbst hat allerdings kaum Zeit, das "großartige Erlebnis" zu genießen. Bereits einen Tag nach dem Konzert begibt er sich mit seinem Freund ins nächste Duell. Es geht darum, mit dem Fahrrad und ohne Hilfe von Karten oder Navigationsgerät von Oldendorf aus den Stephansdom in Wien zu erreichen. Ein Sturz von Schrenk am zweiten Tag beschert ihm ein blutiges Knie. Ans Aufgeben denkt er nicht, er nimmt es mit Humor: "Der Schmerz im Knie hat wenigstens von den Schmerzen am Hintern abgelenkt." Am Ende radeln beide gleichzeitig in Wien ein, wo sie von ihren beiden Frauen und vielen Freunden auf dem Naschmarkt in Empfang genommen werden.

Jetzt freuen sich beide auf ein Wiedersehen am 11. November. Dann endet die Wette mit dem "Gartenzwerg-Poker". Seit Jahren schicken beide parallel einen Gartenzwerg um die Welt, lassen ihn in den Hauptstädten von Freunden, Kollegen, aber auch von unbekannten "Freunden von Freunden" fotografieren. Je weiter entfernt die Hauptstadt, desto höher die Punktezahl. "Man muss natürlich auch aufpassen, dass der Zwerg ständig auf Tour ist", sagt Schrenk.

In einem Fall "lagerte" sein Modell monatelang in einem Regal in einer Wohnung in Caracas in Venezuela. "Das hat Zeit und Nerven gekostet, den wieder zu bekommen." Stolz ist Matthias Schrenk darauf, dass er selbst aus Ländern wie der Mongolei und aus Nordkorea Fotos erhalten hat. Wie er das gemacht hat, will er nicht verraten. "Das erfährt Andreas erst bei unserem großen Finale."

Wo das stattfindet, steht noch nicht fest. "Aber diejenigen, die uns geholfen haben, sollen auch dabei sein können", sagt Schrenk. Dass der Wettstreit danach wirklich endgültig beendet sein wird, glauben beide Kontrahenten aber eher nicht. Im Laufe der Zeit haben sie sich noch viele verrückte Disziplinen überlegt. "Es macht echt Spaß, ein guter Mensch zu werden."