Die Heide-Gemeinde ist nach Aussage des Stadtmarketing-Experten Christian Klotz vorbildlich

Hanstedt/Harsefeld. Es ist ein wahrhaft blühendes Gemeinwesen, das sich da dem Besucher präsentiert. Und zwar schon, wenn er nach Hanstedt hineinkommt: An einer Brücke, die über die Aue führt, hängen Blumenkästen. Der Stromverteiler am Straßenrand ist nicht etwa grau, wie anderswo - hier ist er bemalt, das Motiv zeigt eine bunte Wiese. Die kann der Besucher im Original bewundern, wenn er im Sommer nach Hanstedt kommt. Denn im Ortskern, vor der Kirche, blühen Tulpenzwiebeln. Um die Anpflanzung und Pflege kümmern sich die örtlichen Gewerbetreibenden. Die sorgen auch dafür, dass sich ihre Heimat sogar nachts angemessen präsentiert. Wie die Kirche, werden mehrere Gebäude von Spots beleuchtet.

Diese und zahlreiche andere Ideen wurden nach Besuchen des Stadtmarketing-Experten Christian Klotz realisiert. Der Fachmann aus Bad Reichenhall kam erstmals im Jahr 2001 in die 5000 Einwohner große Gemeinde am Nordrand der Lüneburger Heide. Er gab der Verwaltung und den Gewerbetreibenden Tipps, wie das Ortsbild so aufgewertet werden könne, dass der Einzelhandel davon profitiert. Mittlerweile darf Hanstedt sogar als Vorbild herhalten - etwa für den 60 Kilometer weiter westlich gelegenen Geest-Ort Harsefeld. Dessen Politikern und Geschäftsleuten hielt Christian Klotz unlängst bei einem Vortrag die Schwächen des Ortskernes vor. Gegenüber dem Abendblatt sagte Klotz auch, wo man sich Anregungen holen könne: nämlich bei den Kollegen in der Heide.

"Die Hanstedter haben bis jetzt alles richtig gemacht. Sie haben eine funktionierende Ortsmitte und ein ungeheuer selbstbewusstes, dynamisches Auftreten der Unternehmer", so Klotz. Vor allem aber habe man in Hanstedt einen Fehler vermieden: "Dort wurden bisher keine Drogeriemärkte und keine neuen Discounter vor dem Ortskern gebaut", so Klotz. Diese sind nach seiner Auffassung geradezu Gift für den Einzelhandel im Ort. Harsefeld, das den Bau solcher Geschäfte zugelassen habe, müsse nun für Jahrzehnte mit den Konsequenzen leben.

Hanstedts Gemeindedirektorin Iris Hennig bestätigt, dass man in der Vergangenheit restriktiv vorging, wenn sich Einzelhändler in dem einzigen Gewerbegebiet ansiedeln wollten. Im Ortskern habe man nach wie vor mehrere große "Magneten". Dazu zählt sie besonders das Kaufhaus "Dittmer", das seit 126 Jahren in Hanstedt ansässig ist und auf mehreren Etagen Dinge wie Haushaltswaren und Kleidung führt. Weiterhin sorge das Ärztezentrum für eine gute Frequenz im Ortskern. Auf ältere Menschen, die ihre Spezialisten in der Nähe haben wollen, setzt man ganz gezielt: "Wir schaffen jetzt neue, barrierefreie Wohnungen", sagt Iris Hennig.

Sie nennt noch einen dritten, wichtigen Standortfaktor: den Tourismus. Übernachtungsgäste kämen nach Hanstedt, wenn sie in der Lüneburger Heide wandern wollen. Aber auch Tagestouristen kämen in den Ort. "Manche kommen zum Beispiel aus Undeloh, um hier einzukaufen, andere kommen wegen des Waldbades".

Zudem gebe es im vier Kilometer entfernten Wildpark Lüneburger Heide einen Info-Punkt, der auf Hanstedt hinweist. Außerdem steht mitten im Ortskern eine Tourismus-Information - ganz, wie es Christian Klotz auch für Harsefeld oder andere Ortschaften empfiehlt. In dem Geest-Ort mahnte Klotz auch eine neue Beschilderung für Touristen an. Die Hanstedter sind diesem Rat bereits gefolgt: Grüne Schilder führen den Gast zu Rathaus und Restaurants.

Daten darüber, ob solche Maßnahmen tatsächlich für höheren Umsatz sorgen, gibt es nicht. Ulrich Steinkraus, Geschäftsführer des Kaufhauses Dittmer, sagt aber: "Die Umsätze haben sich in den vergangenen Jahren stabilisiert". Eine Tatsache, die er auch auf Klotz' Vorschläge zurückführt. Ist Hanstedt also ein komplett vorbildlicher Ort? Nicht ganz. Denn laut Christian Klotz ist Hanstedt mittlerweile dabei, die Fehler anderer Kommunen ebenfalls zu begehen.

Er bezieht sich damit auf die geplante Ansiedlung eines Lidl-Marktes auf einem Gelände, das etwa 500 Meter von der Ortsmitte entfernt lieg. Der Vorentwurf eines Bebauungsplanes liegt bereits aus. Klotz prognostiziert, dass im Ortskern mit 1700 Kunden täglich weniger gerechnet werden müsse, wenn der Plan Realität wird. Folglich sind die Einzelhändler strikt gegen den Plan. "Das wäre eine Katastrophe für Hanstedt", sagt Astrid Ellerbrock, Inhaberin der Auetal-Apotheke.

Ganz anders wird die Sache im Rathaus gesehen. "Manche Menschen müssen einfach bei Lidl einkaufen. Die würden sonst nach Salzhausen oder Jesteburg fahren", sagt Bürgermeisterin Dörte Cohrs. Ein Bau weiter in der Ortsmitte sei keine Option: "Da ist kein Platz. Und es wäre auch nicht gut für das Ortsbild", sagt der stellvertretende Bauamtsleiter Horst Elert-Stödter.

Einen Rat an die andere Kommunen, wie mit den Vorschlägen, die Klotz macht, hat Iris Hennig: "Die Entwicklungen müssen den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Ein Ort muss sich entwickeln können. Bei uns geht das nicht, wenn wir uns auf den engsten Kern beschränken."