Ehemalige Studenten eröffnen Büroräume für kreative Selbstständige. Öffentliche Veranstaltungen sind kostenfrei

Lüneburg. Sie kommen aus Hannover, Hamburg und Schwerin. Sie sind nach Lüneburg gekommen, um zu studieren. Und um zu bleiben. Die drei Universitätsabsolventen Thore Debor, 35, Axel Bornbusch, 32, und Alexander Wall, 31, haben jetzt ihr drittes Projekt in der Innenstadt eröffnet: den "Freiraum", flexibel buchbare Büroplätze für Selbstständige, Vereine und Institutionen. Das gab es hier bislang nicht.

2005 gründeten die Studenten den Verein mit dem vermutlich längsten Namen der Stadt: "Freundinnen und Freunde und Club der Kulturwelten" (FCKW), ein Jahr später folgte eine GmbH, um die Kneipe "Hausbar" zu betreiben und noch vier Jahre später den "Salon Hansen" in den Räumlichkeiten der ehemaligen "Wunderbar" im Gebäudekomplex Vierorten zwischen Salzstraße und Auf der Altstadt.

"Wir wollen in Lüneburg gemeinsam arbeiten und leben und Räume dafür schaffen", sagt Thore Debor, Absolvent der Kulturwissenschaften des Jahres 2008 und seither Lehrbeauftragter an der Uni. Zum Leben gibt es Bar und Salon, zum Arbeiten gibt es jetzt den Raum.

Lichtbeschienen im ersten Stock des Eckhauses Vierorten, stehen im "Freiraum" neben einem Besprechungsraum für 14 Personen ein rundes Dutzend Schreibtische. Einige von ihnen haben ihre individuelle Note bereits jetzt - durch eine quietschgrüne Lampe aus den Fünfziger Jahren darauf oder eine rote aus den Siebzigern. Ziel ist, jedem Tische sein eigenes Licht zu geben. Typisch für die FCKW-Projekte: Die gemütlichen Möbel für die Kaffeepause stammen von "Sack und Pack", sind gebraucht und retroschick.

Co-Working nennt sich das Prinzip, das sich in Großstädten zurzeit rasant zur neuen Art von Arbeit entwickelt. Anstatt allein im eigenen Büro auf den Bildschirm zu starren, tun sich Freiberufler zusammen: für mehr Austausch, mehr Kontakte. "Kollaboration", nennt Thore Debor das, was im "Freiraum" passieren soll: "Gemeinsames Arbeiten, das auf Vertrauen basiert."

In einer 70 000-Einwohner-Stadt wie Lüneburg sei das Konzept zwar ein Experiment, wie der Mitinitiator zugibt. "Aber wir wollen den Beweis antreten, dass es auch hier den Bedarf dafür gibt." Nicht nur Selbstständige sieht das Trio als Zielgruppe, sondern auch Vereine und Initiativen, die sich keine eigenen Büroräume leisten könnten oder nur ab und an einen Besprechungsraum brauchen.

Bis auf Computer steht den Nutzern im "Freiraum" alles zur Verfügung vom Drucker übers Internet bis zur Teeküche - Atmosphäre inklusive. Geöffnet ist von 9 bis 19 Uhr, die Mindestmietdauer für den Besprechungsraum inklusive Whiteboard, Flipchart und Beamer beträgt eine Stunde (25 Euro), für einen Schreibtisch drei Stunden (acht Euro).

Drei feste und zwei Hände voll flexible Nutzer haben sich bereits für den freien Raum angemeldet, der erste war Mischa Karafiat. "Bislang habe ich von zu Hause, aus einem Café oder dem Technikraum meiner Kunden gearbeitet", sagt der Veranstaltungsmanager aus Lüneburg. "Jetzt habe ich eine Anlaufadresse für Kunden und Interessenten, einen geregelteren Tagesablauf, weniger Ablenkung durch private Dinge und treffe auf Menschen, die spannende Sachen machen." Die Flexibilität macht den "Freiraum" für den 29-Jährigen so interessant. "Für mich ist das sinnvoll, weil ich manchmal für zwei Wochen unterwegs bin. Dann wäre es ärgerlich, in dieser Zeit Büromiete zahlen zu müssen."

Gute Wünsche gibt dem kreativen Team der Leiter der Lüneburg Marketing GmbH mit auf den Weg. "Die Idee ist klasse. Was wir im Großen machen, macht FCKW im Kleinen", sagt Stefan Pruschwitz. "Auch wenn Lüneburg mit seiner 1000-jährigen Geschichte Leute von außerhalb anlockt, braucht es eine Kreativwirtschaft in der Stadt. Neue Entwicklungen, die von den Köpfen der Menschen ausgehen. Dieser Freiraum sitzt am richtigen Ort. Eine historische Stadt braucht Räume, in denen etwas anderes passiert als das Übliche."

Das "Freiraum"-Team bietet regelmäßig Veranstaltungen an, zu denen der Eintritt frei ist. Ins Leben rufen die FCKW-ler außerdem die sogenannte "Socialbar" als Forum für soziales Unternehmertum. Am Montag, 31. Oktober, 19.30 Uhr stellen die Initiativen "Viva con agua", "Lemonaid" und "Lünebohne" ihre Geschäftsmodelle für politisch korrekte Getränke vor.

www.freiraum-lueneburg.de