Einige von uns hätten es damals wohl nicht geglaubt, dass es irgendwann schnurlose kleine Telefone geben würde, mit denen wir von überall mit jedem telefonieren können. Dass es irgendwann wichtig sein würde, anderen mitzuteilen, wo man im Augenblick gerade ist, und wo man in den nächsten Minuten sein wird. Oder dass Männer ihren Frauen mit diesen kleinen Telefonen vom Wochenmarkt ein Foto vom Suppengemüse senden würden, um zu fragen, ob sie dieses Gemüse kaufen sollen. So etwas hätten wir uns wohl nicht vorstellen können.

Und heute sind wir ohne akustischen Diskretionsabstand in Bussen und Bahnen unfreiwillige Zuhörer intimer Telefongespräche. Wir werden Zeugen familiärer Dramen, oft peinlicher verbaler Selbstdarstellungen oder lustiger Komödien des Alltags. Wie in einer gesprochenen Doku-Soap können wir an Sorgen, Befindlichkeiten und Freuden von Jung und Alt teilnehmen.

Es sei denn, wir haben gerade selbst etwas Dringendes mitzuteilen. Dass wir zum Beispiel in den nächsten Minuten auf der Rolltreppe eines bestimmten S-Bahnhofs stehen werden. Oder dass uns jemand anruft und irritiert erzählt, dass er seit einer halben Stunde keinen Anruf mehr bekommen hat und sich völlig isonliert vorkommt.

Wir leben heute in der Epoche der dokumentierten Mobilität. Werden wir ohne Mobil-Telefon bald sprachlos sein? Vielleicht werden wir bald in geselliger Runde am Tisch zusammensitzen, um uns per Headset angeregt zu unterhalten. Einer in der Runde wird womöglich das Mundstück des Headsets beiseite schieben, am Rotwein nippen, das Mundstück wieder vor die Lippen ziehen und fragen: "Hätten wir das damals geglaubt?"