Chronischer Botulismus tritt im Landkreis Stade häufiger auf als in anderen Regionen

Stade/Göttingen. Der Göttinger Tierhygieneforscher Dr. Helge Böhnel fordert eine Meldepflicht bei Fällen des Chronischen Botulismus', einer rätselhaften Rinderseuche, die nach Böhnels Forschungsergebnissen besonders häufig in Norddeutschland und damit auch im Landkreis Stade auftritt. Bei der Krankheit handelt es sich um eine durch ein Bakterium hervorgerufene Vergiftung, die Rinder erleiden und die in der Regel tödlich für sie endet.

Böhnel, langjähriger Professor an der Universität Göttingen, hat die Krankheit als einer der ersten erforscht und wirft dem Landwirtschaftsministerium in Berlin vor, "die Sache nicht ernst genug" zu nehmen. "Der Erreger ist von der EU so katalogisiert, dass er auf den Menschen übertragen werden kann", betont Böhnel. Er weist aber auch darauf hin, dass nach Angaben des Robert-Koch-Instituts pro Jahr etwa 20 Menschen deutschlandweit am Botulismus erkranken. Bei Menschen ist die Krankheit meldepflichtig, bei Tieren bisher nicht.

Das seit 15 Jahren existierende Problem ist neu in die Diskussion gekommen, nachdem jetzt das ZDF-Magazin "Frontal 21" und die "Hamburger Morgenpost" darüber berichtet haben. Unter Berufung auf Dr. Böhnels Forschungen war von rund 2000 Fällen deutschlandweit die Rede. Böhnel bestätigt diese Zahl, sagt aber auch: "Es handelt sich um unsere Forschungsergebnisse aus 15 Jahren". Tierärzte hätten fragliche Blutproben erkrankter Tiere nach Göttingen geschickt, sein Institut habe Daten gesammelt. Dabei ergebe sich durchaus, dass "in Norddeutschland und Niedersachsen mehr los ist, als anderswo". Warum die Fälle sich gerade dort häufen, wisse man bisher nicht.

Gäbe es die von Böhnel geforderte Meldepflicht, hätte das für betroffene Bauern auch finanzielle Folgen. Denn dann würden sie von den Tierseuchenkassen entschädigt werden. Bisher ist das nicht der Fall.

Wie Johann Knabbe, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Stade, sagt, gibt es vonseiten der hiesigen Landwirte keine Forderung nach einer solchen Meldepflicht. Die Krankheit sei im Verband "nur ein sporadisches Thema". Zudem seinen nur wenige Fälle erkrankter Rinder bekannt: "Uns ist in den letzten Jahren eine örtliche Problematik größeren Ausmaßes nicht bekannt geworden. Es gab nur Einzelfälle, bei denen die Diagnose von Tierärzten so gesehen wurde".

Kreisveterinärin Dr. Sibylle Witthöft sagt zu dem Thema: "Meiner Einschätzung nach wäre die Krankheit meldepflichtig, wenn sie so bedeutsam wäre."