Achtklässlerinnen der Nelson-Mandela-Schule und der katholischen Bonifatiusschule durften einen Tag lang rein praktisch arbeiten.

Wilhelmsburg. Mädchenlachen dringt aus der Werkstatt in der Honigfabrik im Wilhelmsburger Reiherstiegviertel. Drinnen steht ein blauer VW Golf auf der Hebebühne. Qendresa, 13, Evelina, 13, Natalie, 13, Arlinda, 14, & Co. haben sich Blaumänner angezogen und mit Kreuzschlüsseln und Schraubenziehern gewappnet.

An diesem Donnerstag müssen die Achtklässlerinnen der Nelson-Mandela-Schule und der katholischen Bonifatiusschule in Wilhelmsburg nicht die Schulbank drücken. Heute dürfen sie einmal rein praktisch arbeiten - in Berufen, die normalerweise eher eine Männerdomäne sind. Die Honigfabrik hat 90 Mädchen von der Elbinsel zu "Berufsfindungsaktionstagen" in ihre Werkstätten eingeladen. Sie können in der Kfz-Werkstatt eine kleine Inspektion am VW Golf durchführen - mit Reifen-, Öl-, Luftfilter-, Zündkerzen- und Scheibenblätterwechsel. In einer Holzwerkstatt hobeln, schleifen, sägen und lackieren. Oder in einer Elektrowerkstatt mit Lötkolben, Seitenschneidern, Flachzangen und Schraubendrehern ein Solarakku-Ladegerät zusammenbauen.

Aber es gibt auch Berufsfelder, die eher "typisch Mädchen" sind wie Goldschmiedin und Schneiderin. "Wir wollen den Mädchen zeigen, dass es auch noch andere Berufe außer Arzthelferin und Frisörin gibt", sagt die Sozialpädagogin Maren Tobel, 34. "Die meisten Mädchen kommen einfach mal in Bereiche herein, die sie sonst nicht wählen würden."

Das Ziel der beiden Tage in der Honigfabrik: Die Mädchen stellen oft fest, dass auch sie durchaus handwerkliches Geschick haben, egal was Vater, Onkel oder großer Bruder sagen.

In der Autowerkstatt ist Evelina ganz bei der Sache. "Die Arbeit macht Spaß, weil ich etwas mit verschiedenen Autos machen kann", sagt die 13-Jährige. Ihr Praktikum wird sie aber in einer Sprachheilschule machen. Natalie, 13, findet den Tag in der Werkstatt "voll cool - da kann man so herumschrauben und lernt viele Autos kennen". Sie selbst hatte sich für ein Praktikum in einer Kfz-Werkstatt beworben, wurde aber abgelehnt, mit der Begründung, die Firma nehme "keine PraktikantInnen".

Anleiterin Berit, 38, ist selbst Kfz-Mechanikerin. Als sie vor zehn Jahren zuerst versuchte, einen Ausbildungsplatz als Landmaschinenmechanikerin zu bekommen, hatte sie auch kein Glück - "die Branche ist zu männerlastig". Berit selbst hat den Eindruck, dass in den 1980er-Jahren noch mehr junge Frauen in handwerkliche Berufe drängten und Tischlerinnen oder Zimmerinnen wurden. "Das ist jetzt leider wieder weniger geworden." Die Kfz-Mechanikerin will den Mädchen klarmachen, dass ihr Beruf aufgrund der Technisierung nicht mehr der ist, wo man sich nur schmutzig macht, und dass man mit einem Meisterbrief und einem anschließendem Ingenieurstudium beste Berufschancen hat.

In der Holzwerkstatt fertigen die Mädchen ein Schiebe-Geduldsspiel aus Birken-Multiplex. "Ziel ist es, den Mädchen einen Einblick in alle Gewerke und in den Arbeitsalltag zu geben", sagt die Holztechnikerin Raimunda Gries, 55, aus Moorwerder. Sie will die Mädchen für die Tischlerei begeistern. "Es gab Jahre, da hat die Hälfte der Mädchen gesagt, sie könne sich vorstellen, in diesem Beruf zu arbeiten."

Eifrig dabei sind in der Elektrowerkstatt auch Derya, 13, und Elif, 14. Sie löten mit der Bildungsbegleiterin Veronika Willam, 50, Solarakku-Ladegeräte. Elif macht die Arbeit Spaß - "aber mein Praktikum mache ich doch lieber in einer guten Hotelküche".