Gerald Fründt gibt Seminare für den Umgang mit modernenen Kommunikationsmitteln wie E-Mails, Twitter und den sozialen Netzwerken.

Stade. Sein Leben sind E-Mails, Blogs und Twitter-Nachrichten, die modernen Mittel der globalen Kommunikation. Der Stader Gerald Fründt verdient seinen Lebensunterhalt damit, andere für den richtigen Umgang mit den modernen Kommunikationsmitteln auszubilden. Und das mit Erfolg. Zahlreiche national und international tätige Großunternehmen zählen zu seinen Kunden, seine Firma "E-Mail Praxis" feiert in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen. Und in diesem Jahr hat Fründt zum zweiten Mal nach 2010 einen Preis für vorbildliche Geschäfts-E-Mails ausgelobt. Den Weg dahin haben Tasten geprägt. Fründt war auch mal Vertriebsleiter für Schreibmaschinen.

An der Universität studierte er einst Sprachwissenschaften. Bei seiner Magisterarbeit zum Thema Beratungsgespräche entdeckte er, dass es häufig kleine Details sind, die in der Kommunikation unerwartete Wendungen nach sich ziehen. "Das hat mich dann später im Berufsleben wieder beschäftigt", sagt er. Spätestens, als er 1997 das erste E-Mail-Callcenter in Deutschland einrichten sollte, war im klar, dass für die neuen Kommunikationsmittel neue Formen der Kommunikation angewandt werden müssen, eine andere Form des Umgangs mit Kunden.

"Anders als ein konventioneller Geschäftsbrief ist eine E-Mail viel schneller und oft auch sehr viel persönlicher. Die allgemeinen Floskeln aus der Papierwelt sind da zuweilen Fehl am Platz", sagt der Sprachwissenschaftler. Viele Menschen würden glauben, dass es einen Standard für das Verfassen geschäftlicher E-Mails gebe. Eine Art Knigge, der immer anzuwenden sei. "Das stimmt aber nicht. Es gibt immer nur Korridore, in denen man sich bei der Kommunikation bewegt", sagt der E-Mail-Coach.

Der erste große Fehler, der regelmäßig gemacht werde, sei ein vermasselter Einstieg in die E-Mail. "Die Begrüßung ist das A und O. Wenn jemand Lieber Herr sowieso schreibt, kann das, auch wenn es aufrichtig gemeint ist, schnell beim Leser einen ironischen Unterton wie bei Loriot hervorrufen", sagt der Stader. Er rät daher, zu persönliche, blumige Ansprachen möglichst zu vermeiden.

"Wer Sehr geehrter Herr X schreibt, bekommt ein entsprechend tituliertes Schreiben zurück. Der Korridor, hiervon abzuweichen, ist sehr schmal und man muss daher genau überlegen, was im Folgenden wie geschrieben wird", sagt Fründt. Ansonsten könne die gesamte Kommunikation zwischen einer Firma und einem Kunden in kurzer Zeit in einem Desaster enden.

"Die Geschwindigkeit ist ein weiteres Problem. E-Mails sind wunderbar, weil sie in Sekunden verschickt werden. Sie bergen aber auch die Gefahr, dass in Sekunden geantwortet wird", sagt Fründt. "Es muss in E-Mails nicht um Schnelligkeit sondern um Qualität gehen. Das haben die meisten nicht verinnerlicht. Alle wollen immer Schnell-schnell. Das Ergebnis sind dann kryptische Mails und eine Datenflut, die ein Postfach zum Überquellen bringt", erläutert der Sprachwissenschaftler. Ordnung n dieses Chaos zu bringen, kostet dann viel Zeit und Geld.

Zeit und Geld würden auch vergeudet, weil viele Unternehmen bei den neuesten Moden der Kommunikation immer gleich mitmachen, nicht selten ohne vorab zu prüfen, ob es für die Firma auch wirklich Sinn macht. Das Nachrichtensystem Twitter ist für Fründt so ein Fall. "Sie haben nur 140 Zeichen zur Verfügung. Mit dieser Limitierung ist etwa ein Kundenservice kaum sinnvoll machbar", sagt der Sprach-Experte. Einen kurzen, inhaltlich sinnvollen und prägnanten Satz auf 140 Zeichen zu komprimieren, sei eine unglaubliche Herausforderung, das brauche Zeit. Doch beim Twittern geht es vordringlich um Geschwindigkeit. "Das lässt sich also nicht wirklich miteinander vereinen. Twittern und Kundenservice, das blockiert sich gegenseitig. Das hat auch die Deutsche Bahn lernen müssen", sagt der Stader.

Die Kunden des ohnehin imagegeschädigten Unternehmens reagierten auf das Twittern nicht sonderlich positiv, denn Twittern sei kalt, unpersönlich und mache jegliche Kommunikation beliebig.

Facebook sei der neueste Liebling von Konzernen, um mit Nutzern in Interaktion zu treten. Einen Sinn kann der Kommunikations-Experte darin - ähnlich wie bei Twitter - nicht erkennen. Auch hier sei vieles beliebig und zudem offen für jeden einsehbar. Das widerspreche dem Prinzip einer Kommunikation in Vertrauen schaffender Atmosphäre.

"Wir müssen uns eigentlich fragen, weshalb das alles so ist", sagt Fründt und liefert die Antwort sogleich. Viele Unternehmen würden sich von Marketingabteilungen einlullen lassen. "Alle reden dort von den neuen Kommunikationsmitteln, von Social-Media. Der Druck der Werbeabteilungen, diese Mittel zu nutzen, ist extrem hoch, da sie der Auffassung sind, immer an der Spitze aller Bewegungen stehen zu müssen. Doch damit wird das Nachdenken über den Sinn der Produkte schon im Keim erstickt", sagt Fründt. Die Branche führe sich selbst in die Sackgasse und bemerke es noch nicht einmal.

Nach Fründts Erfahrung birgt diese Mediengläubigkeit für viele Unternehmen zunehmend Risiken. Marketingabteilungen seien vielfach unantastbar. Könnten sie ihre Versprechungen nicht einhalten, würden gern andere Faktoren als Ursache bemüht, selten jedoch die Entscheidung der Marketingabteilung hinterfragt. Das habe auch mit einem gewissen Jünger-Prinzip in vielen Chefetagen zu tun. Alle wollten teilhaben, zum inneren Kreis gehören. "Dieses Jünger-Prinzip wurde vor etwa 2000 Jahren erfolgreich von einem jungen Mann praktiziert. Es funktioniert noch immer", sagt der Sprachwissenschaftler.

Fründt bleibt bei aller Kritik aber optimistisch: "Einige Unternehmen haben inzwischen erkannt, dass viel Unsinn verbreitet wird. Allmählich kehren diese Firmen Twitter, Blogs und Facebook den Rücken, einige gehen sogar soweit, dass sie die Richtlinie ausgeben, dass am Wochenende keine E-Mails beantwortet werden dürfen", sagt Fründt.

Ist das der Sieg der Qualität über die Schnelligkeit? "Vielleicht ist es ein erster Schritt dahin", sagt er. Die Kunden verlangen inzwischen mehr Qualität als Schnelligkeit, das zeigten mehrere Studien. Was lange währt, wird gut, getreu diesem Motto übten Unternehmen jetzt, sich über das Qualitätsmerkmal von der Konkurrenz abzugrenzen. Für Fründt ist dies ein Grund zur Freude, denn es zeige, dass sein Leitsatz, mehr Qualität in die Kommunikation zu bringen, inzwischen auch für andere Geschäftsbereiche gilt.