Neuwiedenthal spielt und lacht: Das zehnte Dorffest zeigt, dass der Stadtteil auch positive Schlagzeilen produziert.

Neuwiedenthal. Stadtteilfeste gibt es viele, Dorffeste auch. Aber ein Dorffest in einer Großstadt, geht das überhaupt? Die Neuwiedenthaler machen es möglich und feierten in diesem Jahr zum zehnten Mal zwischen Heuballen und Mistforke ihr "Dorffest". Am Sonnabendnachmittag gab es auf der Festwiese zwischen Rehrstieg und Wümmeweg viel Spaß für alle Bewohner der Hochhaussiedlung und jene, die sich der Siedlung verbunden fühlen.

"Das Dorffest passt gut zu Neuwiedenthal", sagte Anke Wendt-Kohpeiß, 58, Lehrerin an der Grundschule Neugraben, die zu rund zwei Dritteln von Neuwiedenthaler Kindern besucht wird. "Es passt zu dem, was die Menschen hier erwarten: Dass man sich austauscht und zusammenhält."

Das Dorffest, so die Lehrerin, tue der Siedlung gut. "Hier ist es immer ganz besonders herzlich. Es wird deutlich, dass die Menschen hier friedlich und positiv feiern können. Das ist wichtig, weil ja immer wieder negative Meldungen von Überfällen und Einbrüchen die Runde machen."

Das Dorffest lockt mittlerweile mehr als 2000 Besucher an. Und jung ist das Dorffest in Neuwiedenthal - Kinder und Jugendliche, wohin das Auge blickt. Der große Ansturm der Jugend verwundert nicht: Rund jeder Vierte im Viertel ist unter 18 Jahre alt.

"Das Motto 'Dorf' für ein Stadtteilfest war vor zehn Jahren schon sehr ungewöhnlich. Aber es passt zu Neuwiedenthal und bietet einen tollen Rahmen für das Fest", sagte Christan Appuhn von der Wegner Unternehmensgruppe, der das kleine Einkaufszentrum "Galleria Rehrstieg" gehört. Wegner engagiert sich gemeinsam mit zwölf weiteren Vermietern für das "Stadtteilmarketing".

Für Jung und Alt gab es viel zu Erleben, zum Staunen und Mitmachen. Schulen, Kitas und soziale Einrichtungen aus dem Stadtteil boten Spiele wie Kühemelken, Schatzsuche, Basteln oder Dosenwerfen an. Jugendliche konnten ihr Gleichgewicht auf einer sogenannten Slackline, einem knapp über dem Boden gespannten Balancierband, auf die Probe stellen.

Fürs leibliche Wohl gab es Würstchen, Kuchen, Waffeln und herzhafte russischen Spezialitäten. Die Country-Band "Wild Buckaroos", der Schulchor "Die kleine Wirbelwinde", Akrobaten und Trampolin-Springer der Hausbruch-Neugrabener Turnerschaft (HNT) und der Chor "Abendstern" zeigten ihre Talente. Mehr 100 Kinder und Erwachsene traten zwischen den Strohballen auf. Dörfliches Handwerk und Informationen über den Süderelberaum präsentierten lokale Handwerker, Imker, Landwirte, der Naturschutzbund Nabu und Neuwiedenthals ehemaliger Eiermann, Hans-Hinrich Stahmann, 66, der exakt 35 Jahre und acht Monate lang regelmäßig von Harsefeld-Hollenbeck (Landkreis Stade) nach Neuwiedenthal gereist war. "Ich habe direkt an der Haustür verkauft und mich immer für die Menschen interessiert", sagte Hans-Hinrich Stahmann. "Die Menschen haben mir von ihren Urlauben und ihren Krankheiten erzählt.

Beim Ponyreiten oder einer Fahrt mit der Kutsche durch die Siedlung sahen die Besucher ihren Wohnort einmal aus einer anderen Perspektive. Die vier Ponys Urmel, Amigo, Sancho und Felix waren vom Ponyhof Meyers Park in Heimfeld mit ihren Pflegerinnen fünf Kilometer durch die Haake nach Neuwiedenthal getrabt. "Viele Kinder in Neuwiedenthal kennen keine Pferde und haben hier das erste Mal die Möglichkeit, mit ihnen in Berührung zu kommen", sagte Kathi, 29.

Das von den lokalen Vermietern finanzierte Stadtteilmarketing Neuwiedenthal sorgte für Technik, Pavillons, ein Karussell und Dekoration. Leider hatten Randalierer in der Nacht von Freitag auf Sonnabend ein Zelt zerstört.

Das Stadtteilmarketing bemüht sich seit längerem darum, Neuwiedenthal in einem positiven Licht darzustellen. Unter dem Motto "Leben im Neuwiedenthal" haben sich 13 Vermieter zusammengeschlossen, unter anderem der Bauverein der Elbgemeinden, der Bauverein Reiherstieg, die SAGA GWG und die Hanseatische Baugenossenschaft Hamburg. Ihr Ziel ist es "über die Vielfalt der Bürgeraktivitäten im Stadtteil zu informieren, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken".

Rund 13.500 Menschen leben in Neuwiedenthal. Es gibt mehr als 3000 Sozialwohnungen, die Arbeitslosenquote liegt bei 15 Prozent. Menschen aus 80 Nationen wohnen hier, viele Türken, Russen und Ukrainer. Die Stadt hat seit 1995 rund fünf Millionen Euro in sogenannte Revitalisierungsmaßnahmen gesteckt.