Kürzlich brachte uns ein Freund ein Reisegeschenk mit. Er schmeckte anders, als dort im Schatten knorriger Olivenbäume.

Es war Rotwein aus einer spanischen Region, die meine Teuerste und ich auch kennen. Gemeinsam stellten wir fest: Er schmeckte anders, als dort im Schatten knorriger Olivenbäume.

Alle kulinarischen Souvenirs scheinen etwas anders zu schmecken, als dort, von wo wir sie mitgebracht haben. Man könnte fast glauben, sie haben Heimweh, und deshalb etwas Aroma verloren. Vielleicht liegt es daran, dass bei der Rückkehr in den Alltag unsere Erinnerungen auch etwas Aroma verloren haben. Wenn wir unterwegs Sehenswürdigkeiten bestaunen, Essenswürdigkeiten und Trinkwürdigkeiten genießen, geschieht es in landestypischer Atmosphäre. Diese stimuliert womöglich auch unser Geschmacks-Erlebnis. Apropos Stimulierung: Bei einem selbst zubereiteten Pasta-Gericht höre ich gerne der Italienerin in der Nachbarwohnung zu, wenn sie sich am offenen Fenster mit ihrer Freundin italienisch unterhält. Als akustische Beilage passt das hervorragend zu Spaghetti mit Basilikum-Pesto. An nebligen, nasskalten Spätherbst-Tagen mache ich gelegentlich Deichspaziergänge. Dann kehre ich in einem

Landgasthof ein, in dem Männer in lehmigem Gummistiefeln am Tresen stehen. Das ist das optimale Lokalkolorit für Grünkohl mit Pinkel, der dort hervorragend schmeckt. Aber oft ist das Essen an sich für mich schon eine wunderbare Stimulierung. Obwohl schon Sokrates, den Aphorismus prägte: "Wir leben nicht, um zu essen, wir essen um zu leben". Doch für manches Essen lohnt es sich schon zu leben, finde ich.