Jeder fünfte Neonazi bundesweit ist weiblich. Und sie sind nicht weniger radikal als Männer

Lüneburg. Auch Lüneburg kennt inzwischen einen Fall dieser Art: Im Vorjahr wurden Vorwürfe gegen eine in der Kita am Marienplatz tätige Erzieherin laut, die Kontakte zur rechtsradikalen Szene unterhalten soll.

Für Andrea Röpke, freie Journalistin und Autorin mehrerer Bücher über die Aktivitäten der Rechtsradikalen, kein Einzelfall. "Vermehrt versuchen Frauen mit nationalsozialistischer Gesinnung, im Alltag der Zivilgesellschaft Fuß zu fassen", sagt Röpke. Das "Lüneburger Bündnis für Demokratie - Netzwerk gegen Rechtsextremismus" hatte die Journalistin zur Vorstellung ihres Buches "Mädelsache - Frauen in der Neonazi-Szene" in das Glockenhaus eingeladen.

Die Frauen und der braune Sumpf - jeder fünfte Neonazi bundesweit ist weiblich, schätzt Röpke - und sie sind nicht weniger radikal als Männer. Sie organisieren sich in eigenen Organisationen, wie dem "Ring nationaler Frauen" oder der "Gemeinschaft deutscher Frauen" und kümmern sich um eigene, frauentypische Belange. So besuchen sie rechtsradikale Täter in Justizvollzugsanstalten oder arbeiten im Sanitätsdiensten, um Hilfe bei Demonstrationen für die eigenen Kameraden leisten zu können.

Viele dieser Frauen sind auch zunehmend im Wahlkampf aktiv. "Sie werden von der Bevölkerung als weniger bedrohlich wahrgenommen, vor allem wenn sie sich für soziale Themen einsetzen", weiß Andrea Röpke.

Als ehrenamtlich Tätige treten sie oft in Gemeinden bei Vereinen oder der Elternarbeit an Schulen auf. "Vereine sind ein wichtiges Trittbrett für die Frauen", sagt Röpke. Weil ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft hoch angesehen ist und ehrenamtlich Tätige vor allem in dörflichen Gemeinschaften hohes Ansehen genießen.

Durch ihr Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr, bei Rockkonzerten, Kinderfesten oder in freiwilligen Schulveranstaltungen versuchen die Frauen, an Einfluss zu gewinnen und neue Mitglieder für die NPD zu interessieren. "Hier hilft nur, ihnen entschieden entgegenzutreten und Grenzen aufzuzeigen", meint Röpke. Überzeugungsarbeit leisten zu wollen, sei hingegen so gut wie zwecklos, sagt die Journalistin.

Viele Frauen sind in der Szene fest verankert und bereits in einem nationalsozialistischen Umfeld aufgewachsen. Sie haben dort ihre Ehemänner oder Gefährten kennen gelernt und pflegen dort ihre sozialen Kontakte. Die eien die Aufgaben vieler Frauen noch immer auf traditionelle Frauenthemen beschränkt. Einige bezeichnen sich selbst als "Volksfrauen" und "Mütterfrauen" und sehen ihre Hauptaufgabe darin, ihre "naturgegebenen Pflichten als Mutter" zu erfüllen. Kinderreiche Familie gibt es in der Szene viele.

Wenn sich Frauen Freiräume erkämpfen, so gelingt das dort, wo sie ein politisches Mandat ausüben. 300 kommunale Mandate hat die NPD inzwischen bundesweit gewinnen können. Auch in Lüneburg tritt mit der "Unabhängigen Wählerliste Lüneburg - Bündnis Rechte" (UWL) erneut eine rechte Gruppe an, die vom "Lüneburger Bündnis für Demokratie" als Tarnorganisation der NPD gesehen wird.