Am Nachmittag wird in der Nähe eines Supermarktes, bei dem viele Leute aus den Wohnquartieren einkaufen, scharf geschossen.

Schlimmer geht es nicht mehr. Täter, die sich nicht darum scheren, dass ihnen eventuell Zeugen beim Herumballern zuschauen könnten oder gar Polizeibeamte, müssen sich schon sehr sicher fühlen. Genauso wie andere aus dem benachbarten Viertel, die auf einen Polizeibeamten einschlagen oder wie jemand, der einen Supermarkt ansteckt.

Es war im vergangenen Jahr oft vom Paralleluniversum einiger Bewohner Neuwiedenthals die Rede. Von Menschen, die sich schon lange aus den gesellschaftlichen Strukturen ausgeklinkt haben, für die Gewalt ein probates Mittel ist, ihre Zwecke durchzusetzen und für die offenbar ein Menschenleben nichts wert ist. Die Vorfälle erinnern an die allgegenwärtige Kriminalitätslage in den Pariser Vororten, den Banlieus, in denen Generationen von Migranten ihr karges Dasein fristen und längst nicht mehr von Integrationsbeauftragten, Sozialarbeitern und Polizisten erreicht werden.

Was passiert, wenn die Wut dieser Menschen über ihre Chancenlosigkeit zu groß wird, haben wir gerade in vielen englischen Städten erlebt. Und es ist keineswegs so, dass Politiker behaupten, die Situation im Hamburger Süden und anderswo in Deutschland sei grundsätzlich eine andere. Damit dies der Fall ist, sollte mehr Engagement gezeigt werden. Parallelwelten, in denen das Gesetz der Gewalt herrscht, können nicht nur von der Polizei verhindert werden. Dazu braucht es griffige politische Konzepte, die es den Menschen einfach machen, sich erfolgreich zu integrieren. Und die ihnen klarmachen, dass eine Waffe nicht dazu gehört.