Herbert Lodders verwendet für seinen Modellbau nur Abfallmaterial - er bekommt es trotzdem hin, dass seine Modelle wie die Originale aussehen.

Trelde. Seine ersten Flugzeugmodelle baute er aus dem Blech leer getrunkener Cola-Dosen. Und eigentlich handelt es sich nun um ein streng gehütetes Kunstgeheimnis, wie er die Wellblech-Optik seines jüngst fertiggestellten Flugmodells, einer Ju 52/3m, so täuschend echt hinbekommen hat. Ein wenig ziert sich Herbert Lodders, als solle er Kniffe eines komplizierten Zaubertricks preisgeben. Aber andererseits hat er auch Freude am Verrat seiner eigenen Entdeckungen. "Das ist aus Wellpappe hergestellt", schießt es dann förmlich aus ihm heraus.

Herbert Lodders ist 74 Jahre alt, wohnt zusammen mit seiner Frau Helma, mit der er seit 47 Jahren verheiratet ist, in einem schmucken Einfamilienhaus in Trelde. Als Maler hatte er gearbeitet und zuletzt als Wachmann bei der Bundeswehr. Da kam er auf einem Luftwaffenstützpunkt auch mit echten Flugzeugen in Berührung. Für ihn der Beginn blühender Modellbauphantasie im Maßstab 1:10. Na ja, so genau nimmt es der Künstler nicht mit Zollstock und Zirkel. "Frei nach Lodders", beschreibt er selbst die Originalität seiner allemal sehenswerten Bauwerke, die inzwischen alle Räume des Hauses, einschließlich Keller und Garage füllen.

25 Jahre baut der Kleinkünstler nun schon in den vielen Stunden seiner Freizeit. Und seine Frau Helma sagt, dass er sich doch auch gern mal etwas mehr im Haushalt nützlich machen könnte. Große Freude herrscht bei ihr auch nicht über die vielen Modelle, die Autos, Motorräder, Schiffe und Flugzeuge, die überall herumstehen und beim Saubermachen der Wohnung im Weg sind. Aber andererseits freut sie sich dann auch, wenn ihr Herbert dann wieder in Keller oder Garage verschwindet und sie in Ruhe fernsehen kann.

"Ich wüsste zu gern, ob es noch andere Menschen gibt, die so was Verrücktes machen", fragt Lodders und überlegt, "vielleicht ist das, was ich tue, ja einmalig, aber so ist nun mal mein Leben und meine künstlerische Arbeit bereitet mir ganz einfach große Freude." Seine weitgehend fertiggestellte Ju 52/3m - 3m steht für drei Motoren - ist nun sein ganzer Stolz. Herbert Lodders - sein Künstlername lautet kurz und schlicht "Helo" - präsentiert sein Werk, geht ins Detail, nimmt Propeller und Gehäuse ab und gibt nicht ohne Stolz den Blick auf den nachempfundenen Sternmotor frei. "Die Ju 52 gab es in zivilen und militärischen Versionen mit unterschiedlichster Motorisierung", sagt Lodders. Sein Wissen hat er aus Büchern, nicht aus dem Internet. Baupläne besitzt er nicht. Fotos dienen ihm als Vorlage.

Und da sich Helo wegen geringer Rente auch als "armer Mann" bezeichnet, darf seine Arbeit auch kein großes Geld kosten. Lediglich Lackfarbe und Klebstoff sind Dinge, für die er bezahlt. Auch benutzt er für seine Arbeit nur Handwerkzeuge wie Schere, Säge und Feile. Elektrische Maschinen lehnt er ab. Seine Werkstoffe sind Materialien, die andere Leute auf den Müll oder in die Recyclingtonne werfen: Blechdosen, Obst- und Gemüsekisten aus Holz oder Pappe, Plastikbecher oder auch Styroporverpackungen.

Für die Wellblechoptik seiner Ju 52 konnte Helo natürlich keine x-beliebige Wellpappe nehmen. Dafür eignete sich am besten die feine Wellenstruktur holländischer Tomatenkartons. Und da die Wellpappe zwei glatte Seiten hat, musste eine glatte Seite abgezogen werden. Wie das geht? Nun ja, das ist eigentlich auch Künstlergeheimnis. Aber Helo entschließt sich, sein Handwerk zu durchleuchten, taucht einen Pinsel ins Wasser und weicht die Kartonoberfläche vorsichtig ein. Dann wartet er den genauen Zeitpunkt ab und zieht vorsichtig die durchfeuchtete Oberfläche von den Wellen herunter. "Das sieht doch wirklich echt aus", sagt er.

Und beim Blick auf das Fahrwerk der Ju 52 sind die wunderschön geformten Räder mit den blanken Felgen eine wahre Augenweide.

Die Räder hat Lodders aus Holz rund ausgesägt, seitlich mit Styropor verbreitert, rund gefeilt und schwarz angemalt. Die Felgen hatten schon mal eine andere Funktion. Es handelt sich um die Deckel der Katzenfutterdosen, die Hauskater "Cookie" leer geputzt hat.

Lodders hat schon Deutschlands erste Lokomotive "Adler" nachgebaut, die 1835 von Nürnberg nach Fürth schnaufte oder auch den Raddampfer "Hugo Basedow", der sich noch in seinen Kindertagen durch das Elbwasser von Hamburg nach Lauenburg schaufelte. Zu seinen Lieblingswerken zählt auch der Rolls Royce Silver Ghost Pullman von 1915. Er will sich von keinem seiner Arbeiten trennen. Zuviel Herzblut steckt darin.

An lauen Sommerabenden sind es nun die Flugzeuge, die seine Fantasie beflügeln und die Gedanken kreisen lassen. Wenn er draußen, im Garten, im Liegestuhl entspannt, in den Himmel schaut und seine an der Wäscheleine aufgehängten Flieger betrachtet, dann stellt er sich vor, auf Reisen zu gehen. Aber: Selbst ist er noch nie mit einem Flugzeug geflogen. "Das kann ich mir doch nicht erlauben", sagt er ein wenig traurig.