Renate Portius' Retriever wird zum Behindertenbegleithund ausgebildet

Lüneburg. Bei der Geburt bekam Renate Portius zu wenig Sauerstoff. Ihr linkes Bein und die rechte Hand kann sie nur eingeschränkt benutzen. Für längere Strecken braucht sie ihren Rollator oder den Rollstuhl. Als Alltagshilfe bildet sie ihre Hündin Emma zum Behindertenbegleithund aus. Doch die Ausbildung ist teuer, Renate Portius erhält nur Grundsicherung. Jetzt hofft sie auf Spenden, um die Ausbildung fortzusetzen.

Eine Alltagshilfe soll Emma einmal werden. "Sie soll beim An- und Ausziehen helfen, Ampeln drücken oder Türen öffnen", sagt Emmas Frauchen. Noch ist die einjährige Hündin jedoch am Anfang ihrer Ausbildung. "Sie bringt schon Schuhe, ist aber sehr verspielt", sagt Renate Portius.

Im Internet hat die 41-Jährige von der Ausbildung zum Behindertenbegleithund gelesen. Zuerst wollte sie ihre andere Hündin Püppy ausbilden lassen. "Als ich die Preise gesehen habe, habe ich die Idee aber erst mal auf Eis gelegt", sagt die Mutter zweier Kinder. Zwischen 15 000 und 20 000 Euro kostet die dreijährige Ausbildung. "Drei Jahre dauert die Ausbildung normalerweise", sagt Jeanette Darjus vom Deutschen Berufsverband für Therapie- und Behindertenbegleithunde (DBTB).

Sie bildet Emma aus. "Eigentlich lebt der Hund sein erstes Jahr in einer Pflegefamilie, die ihn an seine Arbeit heran führt, wird dann ein Jahr bei einem Trainer ausgebildet und kommt erst danach in die Familie", sagt sie. Bei Familie Portius sei das anders. "Frau Portius bildet Emma zusammen mit mir aus. Die Bindung ist dadurch von Anfang an enger und es spart auch etwas Geld", sagt Jeannette Darjus.

Zu Emma ist Renate Portius über Umwege gekommen. Eigentlich hatte sie die Golden-Retriever-Hündin für ihre Freundin ausgesucht. "Die Besitzer wollten sie verschenken, weil die Frau eine Knochenkrankheit hatte und den Hund nicht halten konnte", erläutert Renate Portius. Doch die Freundin sprang ab, Emma würde ihr zu groß, habe sie gesagt. "Da waren sie aber schon aus Delmenhorst unterwegs zu uns und als Emma da war, habe ich mich sofort in sie verliebt", sagt die 41-Jährige.

Laut Ausbilderin Jeanette Darjus sind Golden Retriever gute Behindertenbegleithunde. "Sie sind sehr motiviert und wollen gefallen", sagt sie. Wichtig sei auch, dass der Hund wenig Schutztrieb und keine Aggressionen habe. "Für den Hund ist das eine sehr schöne Aufgabe. Denn ist er nur der Gefährte des Menschen, wird er oft unterfordert", sagt Jeanette Darjus. Sie beginnt das Training meist mit Welpen, die hätten noch keine schlechten Angewohnheiten. "Für Aufgaben wie Ampeln durch Springen drücken müssen die Tiere allerdings ausgewachsen sein, sonst ist die Belastung für sie Gelenke zu hoch", sagt die 49-Jährige.

Körperlich geht es Renate Portius kontinuierlich schlechter. "Früher konnte ich ohne Hilfe laufen, jetzt brauche ich ständig den Rollator oder den Rollstuhl", sagt sie. "Wenn meine Frau einmal komplett im Rollstuhl sitzt, braucht sie doch für die einfachsten Sachen Hilfe", sagt ihr Mann Sascha Portius. Im Fernsehen sahen die beiden einen Beitrag über Behindertenbegleithunde. Die Idee, Emma ausbilden zu lassen, keimte auf und Renate Portius wandte sich an Jeanette Darjus vom DBTB.

Die erstellte einen Kostenvoranschlag. 7800 Euro kostet das erste Jahr. Damit gingen Portius zu ihrer Krankenkasse. Doch die lehnte es ab, die Kosten zu übernehmen. "Ein Blindenhund wird bezahlt, ein Behindertenbegleithund aber nicht. Das ist aus meiner Sicht unverständlich", sagt Sascha Portius.

"Blindenhunde gelten formal als Hilfsmittel, Behindertenbegleithunde nicht", sagt Ann Marini vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), "hier wird unterschieden, ob man den Hund für seinen kompletten Alltag benötigt oder nur in bestimmten Lebenssituationen." Darum werde die Ausbildung zum Behindertenbegleithund nicht von der Krankenkasse gezahlt. "Stattdessen werden andere Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, die die Aufgaben des Hundes übernehmen", so Ann Marini.

Doch nicht nur von der Krankenkasse ist die Familie enttäuscht. "Wir haben uns auch bei verschiedenen Stiftungen beworben, aber es kamen nur Absagen", sagt Sascha Portius. Zunächst hätten sie die Ausbildung aus eigener Tasche bezahlt, mit einer ersten Spende konnten die vergangenen fünf Monate bezahlt werden. Jetzt wird das Geld knapp. Einmal pro Woche kommt Jeanette Darjus für eineinhalb bis zwei Stunden zum Training. 55 Euro kostet das Training inklusive Anfahrt. "Frau Darjus kann noch viermal kommen, dann haben wir kein Geld mehr", sagt Sascha Portius.

Weitere Informationen über Familie Portius und Emmas Ausbildung hat der DBTB.

www.dbtb.eu