Schiff “Dat Ole Land“ wird ausgemustert. Nachfolger für die Fahrten nach Schulau wird mehr Touristen Platz bieten

Grünendeich. Morgens am Lühe-Anleger. Es riecht nach Diesel und Urlaub, eine steife Brise kräuselt das Elbwasser. Die gelb-blaue Lühe-Schulau-Fähre "Dat Ole Land" schaukelt sanft auf den Wellen. Es ist ihr letzter Sommer im Fährverkehr zwischen dem Alten Land in Niedersachsen und dem Willkomm-Höft in Schulau/Wedel am schleswig-holsteinischen Elbufer. Das "alte Mädchen" wird ausgemustert. Im kommenden Jahr wird ein größeres, modernes neues Fährschiff den Betrieb aufnehmen, das sowohl den steigenden Touristenzahlen als auch den vielen Passagieren mit Fahrrädern besser gerecht wird.

Doch noch setzt das 32-jährige Fahrgastschiff "Dat Ole Land" seine Passagiere pünktlich über. In einer halben Stunde, um 6.10 Uhr, wird es zur ersten Tour des Tages ablegen.

Decksmann Anatoli Neppke fegt den Passagierraum, saugt den Teppichboden, putzt die Scheiben und wischt Staub. Alles ist blitzsauber. Kapitän Thorlef Hoffmann hantiert im Maschinenraum. Er checkt das Herz des Schiffs, den Scania-Dieselmotor. Mit der Kraft von 421 Pferdestärken (310 kW), treibt er das Fährschiff mit einer Geschwindigkeit von etwa 25 Kilometern pro Stunde durch den Elbstrom.

"Die Maschine macht bei 1800 Umdrehungen pro Minute etwa zwölf Knoten in der Stunde", sagt Kapitän Thorlef Hoffmann seemännisch korrekt.

Bei voller Fahrt schluckt sie knapp 80 Liter Diesel pro Stunde. Doch der erfahrene Kapitän haushaltet clever mit Treibstoff. "Wenn man die Kraft der Elemente nutzt, bei der Elbe das auf- oder ablaufende Wasser, kann man das Schiff sehr effektiv bewegen", sagt Hoffmann. Als Kapitän hat er 16 Jahre lang Chemietanker über die Weltmeere zwischen Südamerika, Indien und Afrika gesteuert, sie auch durch schwere See, Stürme und Hurrikans sicher in die Häfen gebracht.

Wohl deshalb scheint den passionierten Seemann kaum etwas aus der Ruhe zu bringen. Jeder Handgriff sitzt, umsichtig behält er alles auf der Fähre im Blick. Die ist mit 26,07 Metern Länge, 6,31 Metern Breite und einem Tiefgang von maximal 1,68 Meter deutlich überschaubarer als die Tanker, die zwischen 80 und 130 Meter lang waren.

Fähre "Dat Ole Land" bietet Platz für 211 Fahrgäste

"Dat Ole Land" bietet Platz für 211 Fahrgäste und nach einem Umbau nach eigenen Plänen, im Jahr 2003, können wir bis zu 50 Fahrräder mitnehmen", sagt der Kapitän. "Unser 1989 in Dienst gestelltes Fährschiff ist für die heutigen Ansprüche einfach zu klein, auch wenn sie technisch allen modernen Anforderungen gerecht wird." Schließlich könne er in der Hochsaison nicht Passagiere an den Elbufern stehen lassen, weil das Schiff voll ist. Doch bei aller Freundlichkeit, die an Bord herrscht, bei der Sicherheit macht Kapitän Hoffmann keine Kompromisse. Mit einem speziellen Zählapparat wacht er akribisch über die Passagiere, die zusteigen, damit das Schiff nicht überladen wird. Ist der Andrang sehr groß, werden Touren zusätzlich gefahren.

So sieht Hoffmann den nahenden Abschied von seinem "alten Mädchen" mit einem weinenden und einem lachenden Auge. "Natürlich sind Schiff und Besatzung nach so vielen gemeinsamen Jahren eng zusammengeschweißt und ein Abschied macht wehmütig. Aber unser Team freut sich uns auch auf das neue, sehr moderne Schiff." Zu Hoffmanns Team gehören Edgar Baumgarten, Werner Fonfara, Bernd Meyer, Anatoli Neppke und Antje Hoffmann.

Die neue Fähre, 33 Meter lang und acht Meter breit, rollstuhlgerecht, mit Platz für 250 Passagiere und rund 80 Fahrräder, werde wesentlich attraktiver, komfortabler und wirtschaftlicher sein, so Hoffmann, der im Jahre 1999 die Geschäftsführung der Lühe-Schulau-Fähre GmbH übernahm.

"Die neue Dat Ole Land wurde im Februar 2011 auf der Schiffswerft Bolle in Derben, direkt an der Elbe in Sachsen-Anhalt, auf Kiel gelegt", sagt Hoffmann. "Wir haben gemeinsam mit den Ingenieuren der Bolle-Werft in sehr enger Zusammenarbeit ein neues Fährschiff für die Bedürfnisse unserer Fahrgäste auf dem Reißbrett maßgeschneidert. Auf unserer Homepage können jetzt alle aktuellen Baufortschritte verfolgt werden", sagt Hoffmann, der regelmäßig in Derben nach seinem Projekt schaut.

Die Kosten für das neue Schiff von etwa 2,1 Millionen Euro werden gemeinsam von allen Anteilseignern getragen. Rund 1,8 Millionen Euro werden die Kommunen beisteuern. Etwa 300 000 Euro bestreitet die Fährgesellschaft aus Eigenmitteln. Mit einem Erlös von etwa 220 000 Euro wird beim Verkauf der alten Fähre gerechnet. Die Lücke soll über einen Kredit finanziert werden, der von den Anteilseigner-Kommunen geschultert werden muss. Gesellschafter der Lühe-Schulau-Fähre sind der Landkreis Stade mit 35 Prozent, die Hansestadt Stade mit 25 Prozent, die Stadt Wedel mit 20 Prozent sowie die Samtgemeinde Lühe und die Einheitsgemeinde Jork mit jeweils zehn Prozent Beteiligung am Stammkapital.

Die Kapitäne chauffierten im vergangenen Jahr 87 000 Passagiere

Die Fähr-Kapitäne chauffierten im vergangenen Jahr etwa 87 000 Passagiere und 14 000 Fahrräder über die Elbe, Tendenz steigend. Auch jetzt füllt sich der Ponton mit Fahrgästen, Ausflügler mit Fahrrädern stehen Schlange. Anatoli Neppke hängt sich die Kassierertasche um und hängt die Sperrkette aus. Das Schiff wird von den Passagieren geentert. Hofmann drückt den Zählapparat. Dann geht er ans Ruder, startet die Maschinen und legt ab. "Ich liebe diese Arbeit, ohne Wasser bin ich wie ein Fisch auf dem Trockenen", sagt Hoffmann. "Jeder Tag ist anders, der Wind, das Wasser, der Schiffverkehr. Es ist ein schönes Gefühl, dieser weite Blick." Die meisten der Schiffe, denen er begegnet kennt der Kapitän. "80 Prozent sind Wiederkehrer." Dennoch, von der Elbvertiefung hält Hoffmann nichts. "Die Baggerungen machen die Elbe schnell, sie wird versalzen und die Ufer gehen kaputt."

Es klopft an die Tür des Ruderraums. Tom und Jil aus Hamburg kommen mit ihrem Opa und wollen mal gucken, wie der Kapitän das Schiff steuert. Das Willkomm-Höft liegt Backbord in Sichtweite. Von Hamburg nähert sich ein riesiger Containerfrachter. Hoffmann funkt ihn an, bittet den Kapitän höflich, etwas Fahrt wegzunehmen, damit der Schwell die Fähre nicht in Turbulenzen bringt. Wenige Minuten später legt Kapitän Hoffmann gefühlvoll am neuen Ponton in Schulau an.

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